„Blut geleckt“

Mit Deutschland sorgte Mike Dietz bereits für einige internationale Überraschungen. Sein nächster Erfolg könnte der Einzug einer jungen Hamburger Mannschaft in die Playoffs sein. Geschenkt will es der Keeper aber nicht bekommen.

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Erik Schuschwary meinte, er kennt den WM-Blues nur zu gut. Ist das bei Goalies generell anders?

Moin, für alle Goalies kann ich natürlich nicht sprechen. Ich kenne das aber definitiv auch. Der Unterschied zwischen der Nationalmannschaft und dem Vereinsteam danach ist einfach sehr groß. Der Ansporn ist ein anderer.

Unabhängig vom Niveau und den Zuschauerzahlen, was ist der größte Unterschied zwischen dem Deutschen und dem Hamburger Kasten? Gibt es spielerisch andere Herausforderungen?

So groß ist der Unterschied in meinen Augen gar nicht. Das Tempo ist ein anderes, aber die Spieler auch taktisch schneller. Das gleicht sich dann schon wieder aus. Aber ich bin immer laut und dirigiere so viel ich kann.

Ihr habt mit Hamburg dieses Jahr einen enorm jungen Kader. Musst du dich da als alter Hase auch anders einbringen als früher?

Ich habe die letzten Jahre ja schon viel Verantwortung übernommen – auf und neben dem Feld. Ich glaube, bei so vielen Spielern mit weniger Erfahrung geht es darum Ruhe reinzubringen. Auf dem Feld rede ich sowieso viel, das hilft sicher auch.

Zuletzt habt ihr Lilienthal und Wernigerode in der Verlängerung niedergestreckt, und auch in Berlin konntet ihr punkten. Siehst du eine greifbare Entwicklung des Kaders? Was machen die neuen Trainer Nilsson und Wittneben anders?

Die beiden machen einen sehr guten Job. Unser Motto der Saison war „Against the Stream“. Das spiegelt sich vor allem in dem neuen Spielsystem wieder. Ein solches 1-2-2 habe ich glaube ich bei einem Bundesligateam vorher nicht gesehen. Johan und Mathis behalten die Ruhe mit uns und geben viele neue Impulse. Johan übernimmt meist den Defensiven Part, Mathis kümmert sich um die Offensive. Da beide nicht spielen, haben sie natürlich ganz andere Möglichkeiten als die Spielertrainer der Jahre zuvor. Dass sich die ganzen jungen Spieler so gut in die Mannschaft eingefunden haben, ist sicher auch ein großer Verdienst von Mathis, der sie die letzten drei Jahre schon in der U17 erfolgreich betreut hat.

Zwischenzeitig wart ihr auf den letzten Tabellenplatz abgesackt. Jetzt steht ihr mit nur zwei Siegen in regulärer Spielzeit aus 13 Partien plötzlich auf einem Playoff-Platz. Wen siehst du für die restlichen Runden als gefährlichsten Konkurrenten?

Die Hinrunde lief bei Weitem nicht so wie es sich einige vorgestellt hatten. Ich habe das aber ein bisschen erwartet. Das neue System spielt sich nicht mal eben so ein. Wir hatten dann auch noch Verletzungspech mit Flemming Kühl und Tipi Koivisto. Martin Gladigau hat die Hinrunde aus beruflichen Gründen auch kaum gespielt. Jetzt sind aber alle wieder fit und der Kampfgeist ist überragend. Chemnitz und Holzbüttgen haben auch ein Formhoch. Um den Strich ist es verdammt eng. Da ist nicht auszumachen, wer der vermeintlich ärgste Konkurrent ist.

Wie bewertest du Holzbüttgens Premierensaison? Ihr selbst hattet eure beiden Siege gegen die Kaarster geholt. Der Rest kommt aber regelmäßig ins Straucheln.

Unsere beiden Spiele haben wir nicht nur gewonnen, sondern auch durchgehend kontrolliert. Die Liga ist generell sehr eng geworden und es gibt eigentlich jeden Spieltag einen Überraschungssieger. Generell ist es sehr positiv, dass es keine Teams mehr gibt, die chancenlos durch eine Saison gehen.

Lilienthals Rückzug könnte euch dabei helfen, in die Playoffs zu kommen. Vertrittst du den Standpunkt, in diesem Fall den DFB zu folgen und die Wölfe schon nach der Ligaphase auf den letzten Platz zu schieben oder sollen sie deiner Meinung nach die Playoffs spielen dürfen, wie aktuell debattiert wird?

Wenn wir Playoffs spielen sollten, wollen wir sie auch sportlich erreichen und nicht geschenkt bekommen. Aus unserer Sicht sind die Regeln in einer solchen Situation nicht ideal. Sollte man Lilienthal die Playoffs nicht spielen lassen, ist schwer abzusehen wie hoch die Motivation bei ihnen dann noch sein wird – gerade gegen die Teams am Tabellenende. Ob unsere Chancen auf Platz sieben dann besser sind als im Normalfall auf Platz sechs sei mal dahingestellt.

Wie sehen eigentlich deine persönlichen Pläne aus? Bleibst du dem ETV und der Nationalmannschaft auch nach dieser Saison erhalten?

Ich stand schon vor der WM-Quali kurz davor mit der Nationalmannschaft aufzuhören. Aber nach der WM habe ich jetzt wieder Blut geleckt und kann mir vorstellen noch zwei Jahre dranzuhängen. Das hängt hauptsächlich davon ab, wie es im Verein weitergeht. Das ist noch offen, daher kann ich noch nichts genaues sagen.

Fotos: IFF / Martin Flousek (1), Martin Finkenzeller / Red Hocks Kaufering (2), IFF / Ondrej Klima (3)