Merchandising ist ein wesentlicher Teil der Sportindustrie, auch der des Floorball-Sports. Für Vereine kann es nicht nur eine wichtige Einnahmequelle sein, sondern auch nachhaltig die eigene Identität prägen. Ein Leitfaden.
___STEADY_PAYWALL___
Betritt man Warberg’s Heimarena, das Sparbank Wictory Center, wird man von einer blauen Welle erschlagen. Kinder und Eltern eingekleidet in leuchtend blauen Trikots, in der Luft das Glitzern großer Kunststoff-Fahnen. Die beliebtesten Werkzeuge treuer Fans. Tatsächlich war der schwedische Großverein einer der ersten Floorball-Klubs, der sein Merchandising wirklich professionalisierte.
Laut Zion Market Research werden weltweit mit Sport-Merchandising über 30 Milliarden Dollar umgesetzt. Für viele Vereine ist dieser Bereich seit Jahren ein wachsender und wesentlicher Teil ihres Budgets. Besonders deutlich sieht man dies im Fußball. Real Madrid verkaufte alleine in seiner letzten Saison beim Verein 1,2 Millionen Trikot von James Rodriguez, hinzu kam noch der Verkaufserlös an den FC Bayern. Der Kolumbianer war finanziert.
Wozu braucht Floorball überhaupt Merchandising?
Natürlich ist Floorball von solchen Zahlen und Möglichkeiten weit entfernt. Vielleicht will man auch gar nicht in einen solchen Moloch rutschen. Das bedeutet aber nicht, dass Floorball-Vereine vom Merchandising nicht profitieren sollten. Die eigene Marke birgt nämlich einen Wert, der auf vielerlei Weise genutzt werden kann.
Zunächst geht es um bares Geld – von dem nur wenige Floorball-Vereine zu viel haben. Die Grasshopper Zürich haben damals angeblich 350 Kim-Nilsson-Trikots verkauft. Nun sind die meisten deutschen Teams von den Schweizern noch weit entfernt und auch einen Star wie Nilsson sucht man eher vergeblich. Man stelle sich aber vor, ein erheblicher Teil der eigenen Mitglieder sowie ihrer Eltern, Freunde und Geliebten würde sich ein Fan-Shirt anschaffen, oder einen Fan-Schal oder eine Fan-Tasse.
Am Ende des Tages wird es bei deutschen Vereinen aber weniger um finanziellen Profit gehen. Viel mehr kann Merchandising dabei helfen, die eigene Vereinskultur greifbar zu machen und das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Treffen eure Anhänger beim Betreten einer Halle auf ihre Genossen, vereint in derselben Kluft und Farbe, passiert etwas. Sie wachsen zusammen, werden zu einer Gemeinschaft, in der sich jede und jeder gleicht, verbunden im leidenschaftlichen Anliegen euch siegen zu sehen. Das so etwas auch sportliche Vorteile hat, steht außer Frage.
Außerdem wirken Vereine mit einem erfolgreichen Merchandising-Bereich auch deutlich attraktiver auf Sponsoren, Medien, Ämter oder neue Mitglieder. Ein professioneller Auftritt deutet darauf hin, dass der Verein kommunizieren kann, dass er sozial funktioniert und Zugang zu loyalen Bezugsgruppen hat.
Welcher Vertriebsweg ist der richtige?
Den meisten Vereinen sind diese Vorteile durchaus bewusst, ihnen fehlt lediglich ein Plan, wie sie ein solches Merchandising-Konzept angehen sollen. Tatsächlich ist die Sache nicht so einfach, denn es stehen gleich mehrere Ansätze zur Wahl (die sich sogar gegenseitig ergänzen können):
1. Print-On-Demand: Es gibt diverse Plattformen (z.B. spreadshirt.de), die die Gründung eines eigenen Fanshops ermöglichen. Als Verein lädt man seine Designs hoch, platziert diese auf angebotene Artikel und bietet sie zu Konditionen eigener Wahl an. Um den Rest, also Verkauf, Herstellung und Versand, kümmert sich der Dienstleister, der seinen Teil einbehält. Am Ende des Tages erhält man eine Provision zwischen 5 und 40 % (abhängig von Design, Produkt und Preis). Die Produktauswahl ist jedoch auf Topseller-Produkte begrenzt. Außerdem funktioniert alles nur digital, wer also seine Artikel vor Ort verkaufen möchte, muss diese zunächst selbst einkaufen.
2. Partnershop: Hat euer Verein bereits einen Händler, mit dem er zusammenarbeitet, kann euch dieser mit Sicherheit helfen. In der Regel kooperieren alle Sporthändler mit Druckunternehmen, die selbst Merchandising-Artikel im Portfolio haben. Gute Händler können auf ihrer Website auch eine gebrandete Unterseite anlegen, zu der ihr eure Fans hinlotsen könnt. Für die Verkäufe bekommt ihr dann eine Provision ausgezahlt (10 bis 30 %). Die Ware verkaufen sie dann (je nach Absprache) online oder bei euren Veranstaltungen.
3. Eigenes Geschäft: Größere Vereine mit einer breiteren Fanbasis verfügen meist über eine Administration, die einen eigenen Fanshop führen kann. Eine solche Lösung macht den Verein zu einem eigenständigen Händler, was auch höhere Erträge bedeutet – etwa eine Marge von bis zu 100 % oder mehr (entspricht einer Provision von 50 %). Eine solche Lösung bringt aber auch diverse Risiken und Kosten mit sich, derer man sich bewusst sein muss (Kundendienst, Buchhaltung, Lagerhaltung, Logistik etc.).
An welche Regeln sollte man sich halten?
Hat sich euer Verein entscheiden, ein neues Merchandising-Konzept aufzuziehen, solltet ihr folgende Dinge dringend beachten:
1. Produkte
Konzentriert euch lieber auf wenige Produkte, haltet sie dafür aber stets auf Lager. Es gibt eine Reihe von Artikeln, bei denen ihr nicht danebenliegen könnt. Trikots, Fanshirts und Schals beispielsweise. Darüberhinaus gibt es natürlich noch unzähliges weiteres Spielzeug, etwa Caps, Turnbeutel, Handtücher, Fahnen etc. Manche Händler bieten auch individualisierte Artikel an, etwa bedruckte Trikots. Eine Inspiration kann Fanatics sein, einer der Weltmarktführer im Merchandising. Und wer etwas ganz Exklusives haben möchte: Die meisten Floorballmarken sind im Stande ab ca. 500 Stück spezielle Vereinsserien ihrer Schläger zu produzieren.
2. Design
Das Branding eures Vereins (Logo, Vereinsfarbe, Wortmarken etc.) ist etwas sehr Wertvolles. Legt klipp und klar fest, wie mit diesen Designelementen zu arbeiten ist. Bestimmt für eure Vereinsfarben beispielsweise konkrete Farbkodizes (siehe die Regeln von Pantone), um tatsächlich immer mit demselben Blau, Grün oder Rot zu arbeiten. Solltet ihr euch in Fragen des Designs nicht auskennen, zieht für den Start einen Designer hinzu, der euch mit solchen grundlegenden Instrumenten helfen kann. Es wird sich auszahlen.
3. Partner
Bezieht eure Partner und Sponsoren mit ein. Natürlich ist es auch in ihrem Interesse, dass ihre Marken mehr gesehen werden. Außerdem können sie euch mit ihren Leistungen vielleicht weiterhelfen – womöglich haben sie Designer, die euch unterstützen würden, oder können Streuartikel anbieten, die ihr sonst teuer einkaufen müsstet. Manche können eure Produkte auch in den eigenen Vertrieb einbeziehen und damit eure Reichweite steigern.
4. Kollektionen
Ab sofort müsst ihr wie eine Sportmarke mit Direktvertrieb denken. Was gefällt unseren Zielgruppen? Wann möchten sie es haben? Plant jährliche Kollektionen. Natürlich ist es völlig in Ordnung den Großteil der Produkte über mehrere Saisons hinweg anzubieten, es ist aber auch sinnvoll jedes Jahr mit etwas Neuem zu kommen, auch wenn es nur ein Fanshirt ist. Plant die nächste Kollektion schon im Mai oder Juni, damit ihr Zeit für die Produktion habt, präsentiert sie mit etwas Vorlauf vorm ersten Heimspiel und überlegt euch zum Saisonende hin, ob ihr mit allen Produkten weiterarbeiten möchtet oder ob ihr sie schneller rabattiert verkaufen wollt.
5. Marketing
Von selbst wird sich das Zeug nicht verkaufen. Möchtet ihr Umsätze machen, bewerbt eure Ware über eure Sozialen Medien, mit Postern bei Heimspieltagen oder mit Bannern auf eurer Website. Überlegt auch eine direkte Ansprache eurer Mitglieder, entweder bei einer Veranstaltung oder per Newsletter. Um euer finanzielles Risiko zu minimieren, könnt ihr vor der Produktion auch eine Sammelbestellung eurer Mitglieder aufnehmen. Dann wisst ihr, was mit Sicherheit abgenommen wird, und könnt ggf. noch etwas dazupacken, um für die Saison versorgt zu sein.
6. Vertrieb
Natürlich kommt es am Besten an, wenn eure Fans die neue Kollektion vor sich liegen haben und sie anfassen können. Unterschätzt aber nicht den digitalen Vertriebsweg. Der muss gar nicht allzu komplex sein, um zu funktionieren. Ein Beispiel aus dem Ausland ist etwa FbS Bohemians. Bastelt euch einen einfachen Blog-Shop oder fügt eine entsprechende Funktion zu eurer aktuellen Website hinzu (es gibt hierfür viele kostenlose Angebote bei WordPress & Co.) oder verkauft über Plattformen wie Amazon – dafür sind sie ja eigentlich da. Falls euch das zu viel Arbeit ist, reicht vielleicht auch eine einfache Präsentation die alle Produkte darstellt und zu Verkäufen bei euren Heimspielen verweist.
7. Personal
Gutes Merchandising kann man nicht nebenbei machen. Natürlich hängt alles davon ab, welchen Aufwand euer Verein betreiben möchte. Bestimmt aber mindestens eine verantwortliche Person, die das gesamte Projekt koordiniert. Wie in diesem Artikel beschrieben, gibt es zahlreiche Schritte vom Design über die Produktion, Auslieferung und Vermarktung bis hin zum Vertrieb – und alle benötigen ihre Aufmerksamkeit.
8. Struktur
Vereine können zwar Ware ein und weiterverkaufen, um aber ihre Gemeinnützigkeit nicht zu verlieren, muss auf diverse Regeln geachtet werden. Besprecht eure Merchandising-Strategie mit dem Schatzmeister eures Vereins oder besser noch mit einem spezialisierten Steuerberater. Selbst die schönste Fankollektion ist es nicht wert, dass eure Verein beim Finanzamt Probleme bekommt.
Photos by Warbergs IC