Der Dachverband Floorball Deutschland stellt sich im Marketing-Bereich neu auf. Das Floorballmag unterhielt sich mit Vorstandsmitglied Frederik Garre über den Status Quo und die Ansprüche einer dynamischen Trendsportart. Für seine Arbeit brauche der Verband jetzt vor allem zwei Dinge: Zeit und Personal.
Floorballmag: Frederik, lang lebe dieses Internetz. Wir führen ein Ferninterview. Wo befindest du dich gerade und wie bist du dort gelandet?
Frederik Garre: Suasdey („Hallo“ auf kambodschanisch, Anm. d. Red.)! Zunächst einmal vielen Dank für das Interview. Ich bin aktuell in Kambodscha, dieses ist ein kleiner Reiseabschnitt auf einer etwa zweijährigen Weltreise, die ich aktuell erleben darf. Ende Juni bin ich wieder auf deutschem Grund und Boden.
Du wirst als Vorstandsmitglied den Marketing-Bereich neu aufbauen. Eine Frage vorab: Im Herbst hatte Sebastian Zender die MOEK übernommen, war auch sehr engagiert gestartet, ist jetzt aber wieder weg.
Das ist richtig. Sebastian hat sein Amt als Leiter der MOEK zum Jahreswechsel niedergelegt. Deshalb ist de facto unsere Kommission für Marketingtätigkeiten zum aktuellen Zeitpunkt unbesetzt.
Was war passiert?
Wenn man die Ist-Situation des Marketings in unserem Verband nüchtern betrachtet, müssen wir selbstkritisch feststellen, dass wir dort vor einer großen Herausforderung stehen. Anders formuliert, modernes Marketing findet aktuell nicht statt. Versteht mich nicht falsch. Dieses soll in keiner Weise die Tätigkeit all der ehemaligen Mitarbeiter in der MOEK bewerten oder sogar schmälern. Sebastian Zender oder auch Mathias Liebing, um mal nur zwei Namen zu nennen, haben einen fantastischen Job gemacht.
Aber die Situation ist nicht zufriedenstellend.
Die stagnierende Entwicklung im Marketing ist in meinen Augen viel mehr auf die in der Vergangenheit gesetzten Schwerpunkte in unserer Verbandstätigkeit zurückzuführen, die wir in unserem Ehrenamt neben den alltäglichen Aufgaben, die bei Floorball Deutschland anfallen, gesetzt haben. Bei diesen Schwerpunkten, beispielsweise Stichpunkt „C-Trainer“, haben wir enorm wichtige und durchaus notwenige Fortschritte für die Entwicklung unserer Sportart erreicht. Die Kehrseite ist hierbei jedoch die vernachlässigte Marketingarbeit, der wir in den vergangenen Jahren nicht die nötige Aufmerksam zugesprochen haben, wie es in der heutigen Zeit der Verbandsführung notwendig wäre. Hieraus resultierte meiner Einschätzung nach auch Sebastians Rücktritt. Anders als ihr im Floorballmag im Artikel zum Zustand der Homepage berichtet hattet, gab es keine Meinungsverschiedenheiten zwischen Sebastian und dem Verband. Viel mehr ist der Bruch auf kommunikative Nachlässigkeiten beider Seiten zurückzuführen. Eine Situation, aus der wir im Verband lernen müssen.
Marketing ist ein weites Feld. Gibt es eine Agenda?
Zunächst mal müssen wir festhalten, dass Marketing unabdingbar für die Entwicklung der deutschen Floorballszene sein wird. Marketing hat sich in den letzten Jahren nicht nur in der privatwirtschaftlich organisierten und profitorientierten Wirtschaft bewährt, sondern hat auch bei vielen Non-Profit-Organisationen zur erfolgreichen Entwicklung beigetragen. Wollen wir unsere Sportart grundlegend weiterentwickeln, sollten wir uns an den veränderten Bedingungen des gesellschaftlichen Umfeldes und des Marktes orientieren und die Bedürfnisse von Anspruchsgruppen befriedigen.
Es geht also nicht darum, vorschnell Löcher zu „stopfen“, sondern Grundlagen aufzubauen.
Das klingt etwas allgemein.
Vielleicht, aber damit wir vorankommen, müssen wir zunächst ein einheitliches Marketingverständnis im Verband entwickeln, das Marketing näher an den Vorstand binden und eine breit aufgestellte Marketinginstitution in unserem Verbandsorganigramm integrieren. Es ist also zunächst unser Ziel, ein stabiles Fundament zu schaffen, damit eine nachhaltige Marketingarbeit im Verband gewährleistet ist. Es geht also nicht darum, vorschnell Löcher zu „stopfen“, sondern Grundlagen aufzubauen.
Wo werden deine Schwerpunkte liegen?
Welche speziellen Schwerpunkte wir dann in der eigentlichen Marketingarbeit setzen werden, möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht diskutieren. Um hier eine fundierte Antwort geben zu können, benötigen wir zu allererst Informationen über unsere Ausgangslage. Eine Analyse unserer jetzigen Ist-Situation und den daraus gezogenen Rückschlüssen sollte somit die Grundlage für unsere nächsten Schritte liefern. Wichtig wird jedoch sein, alle Ziele, die entsprechenden Strategien, Maßnahmen und jegliche Vorgaben in einem Marketingkonzept festzuhalten. Ein Schwerpunkt wird sicherlich auf der Kommunikationspolitk mit dem Sponsoring und der Öffentlichkeitsarbeit liegen.
Es kann sinnvoll sein, sich in der Szene etwas umzusehen und nach Inspiration zu suchen. Gibt es Verbände im Floorball oder außerhalb von denen man lernen sollte? Oder braucht das deutsche Floorball eine eigene Sprache?
Zweifelsohne. Die großen Floorballnationen sind uns im Bereich der professionellen Vermarktung einige Schritte voraus. Da lohnt es sich definitiv, einen Blick nach links und rechts zu wagen. Interessant ist dabei zu sehen, wo die jeweiligen Stärken und Schwächen der gewählten Strategien der Floorballverbände liegen. Gleiches gilt natürlich auch auch für die Spitzenverbände auf dem deutschen Sportmarkt. Wie etablieren sie sich? Welche Strategien fahren die unterschiedlichen Verbände? Am Ende des Tages müssen wir jedoch unseren eigenen Weg finden. Wir haben vollkommen andere Grundvoraussetzungen und Marktgegebenheiten, als zum Beispiel der finnische Floorballverband oder der deutsche Handballbund.
Der Verband ist mit Ausnahme seiner Ausrüster aktuell nahezu werbefrei. Ist Sponsoring auch eines deiner Themen?
Die aktuelle Sponsoring-Situation sieht mehr als kritisch aus. Zunächst bin ich froh, dass wir die langfristige Partnerschaft mit Unihoc im vergangenen Jahr um weitere fünf Jahre verlängern konnten. Darüber hinaus laufen noch Gespräche mit Floorballshop.com. Sepio wird sich aufgrund betriebsinterner Veränderungen leider nach dem Ablauf der aktuellen Saison aus dem Sportsponsoring zurückziehen, ein Zustand, der nicht gerade förderlich für unsere Entwicklung ist, weshalb wir diesem Thema auch besondere Beachtung schenken werden.
Wie sinnvoll wäre die Zusammenarbeit mit einer externen Agentur?
Ob und wenn ja wie wir in diesem Zusammenhang mit einem externen Dienstleister zusammenarbeiten könnten, haben wir auf der Vorstandsebene noch nicht im Detail besprochen. Grundsätzlich abgeneigt sind wir auf jeden Fall nicht. Viele Verbände aus dem Floorball oder auch außerhalb arbeiten an dieser Stelle mit Agenturen zusammen. Am Ende wird es auch auf die Frage hinauslaufen, welches Finanzierungsmodell wir realisieren können.
Wir haben im Floorballmag einen viel gelesenen Artikel über den digitalen Zustand des Verbandes gebracht. Eine dynamische Trendsportart sollte sich im Netz vermutlich anders präsentieren. Welche Perspektive gibt es für einen Relaunch der Verbands-Homepage? Was soll sich dort ändern?
Am Beispiel der Homepage kann man die aktuelle Situation des Verbandes sehr gut darstellen. Die Ausgangslage ist alles andere als optimal. Nun könnten wir im Verband kurzfristig Gelder für ein Relaunch der Homepage bereitstellen. Jedoch haben wir aktuell keine fundierte Grundlage, kein klares Konzept. Wenn man es genau nimmt, haben wir nicht einmal ein nötiges „CI“- oder „CD“- Handbuch (Corporate Identity und Corporate Design, Anm. d. Redaktion), was eine Grundlage wir für ein sinnvolles Relaunch wäre. Eine kurzfristige Verwendung von Geldern für diesen Zweck wäre gleichzusetzten mit dem angesprochenen „Löcher stopfen“ und würde das Kernproblem in keiner Weise beheben. Deshalb gehen wir nun einen anderen Weg, der nachhaltiger ausgerichtet ist. Der Relaunch muss deshalb noch etwas verschoben werden, wobei wir gleichzeitig Diskussionen im Verband führen, wie wir unsere Präsenz im Netz kurzfristig aufbessern können.
Von der Gewinnung personeller Ressourcen hängt maßgeblich der Erfolg dieses Projekts ab. Davon bin ich überzeugt.
Das eine sind die Kanäle, das andere der Content. Alleine die Planung dieser Prozesse ist schon ein Fulltimejob. Aber wer kümmert sich um Inhalte? Gibt es bereits einen Plan, wie ihr den Bereich Marketing personell aufstellen möchtet?
Ressourcen, ein wichtiges Thema. Fest steht, wir wollen und müssen das Projekt zusammen angehen, zusammen mit den Landesverbänden, den Vereinen und jedem interessierten Sportler, Trainer oder Elternteil in unserer Community. Eine Person, vermutlich auch noch ehrenamtlich aktiv, könnte der Aufgabe nicht gerecht werden. Wir sind aber eine junge Trendsportart, in der viel Potential steckt. Wir werden auf die Leute zugehen, probieren Know-How zusammenzubringen, Motivation zur Mitarbeit zu wecken und Aufgaben auf viele Schultern zu verteilen. Wir wollen einen sanften und leichten Einstieg ermöglichen. Von der Gewinnung personeller Ressourcen hängt maßgeblich der Erfolg dieses Projekts ab. Davon bin ich überzeugt. Im Vorstand haben wir bereits die ersten Maßnahmen ergriffen. Beispielsweise werde ich in Zukunft losgelöst vom Alltagsgeschäft das Projekt des Marketings im Verband steuern. Natürlich haben wir für die personelle Neuausrichtung auch schon Personen im Hinterkopf, die wir direkt ansprechen werden und uns freuen würden, wenn sie uns bei unserem Vorhaben unterstützen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass wir die gesamte Community erreichen möchten.
Was sind nun die konkreten nächsten Schritte? Gibt es einen Zeitplan?
Wir werden nichts überstürzen. Der Fokus liegt eindeutig auf der Nachhaltigkeit. Dafür haben wir im Vorstand einen vorläufigen Projektplan erarbeitet, der die nächsten Schritte skizziert und an meine Rückkehr nach Deutschland gebunden ist. In den kommenden zwei bis drei Monaten werden wir das Thema erst einmal intern voranbringen. Hierbei soll ein strukturierter und auf sequenziellen Etappen basierender Projektplan erarbeitet werden. Anschließend, spätestens im Mai, werden wir weitere Informationen über die nächsten Schritte kommunizieren. Dabei spielt die Sommerpause in unserer Planung eine wichtige Rolle, da wir die „floorballfreie“ Zeit für Marketing-Meetings nutzen wollen, zu denen wir die Community zum Austausch einladen werden. Grundsätzlich ist es unser Ziel, zur neuen Saison mit der eigentlichen Marketingarbeit zu beginnen und Inhalte zu erarbeiten.
Und das wird funktionieren?
Natürlich wird es ein langer Weg sein. Aber wir möchten ihn gemeinsam mit den Mitgliedsverbänden, den Vereinen und allen Aktiven gehen. Ich glaube, wenn wir hier zusammen an einem Strang ziehen, können wir viel bewegen.
Foto: André Burri/IFF