Alle Jahre wieder kommt die Forderung nach einer Ausländerbegrenzung. Absolute Zeitverschwendung. Es gibt viel nachhaltigere Mittel, die Breite zu fördern. Die sind nicht nur realistisch, sondern vor allem wirkungsvoll.
Eigentlich ist die Antwort kürzer als die Frage. Eine Beschränkung des Einsatzes von Spielern aus dem EU-Ausland, etwa aus Finnland, Schweden oder Tschechien, ist aufgrund geltenden EU-Rechts nicht möglich. Auch ein „Gentlemen’s Agreement“ würde eine rechtswidrige Ausgrenzung bedeuten und wurde deshalb in anderen Sportarten nach kurzer juristischer Prüfung schon mehrfach abgelehnt. Punkt. Aus. Ende.
Dass dieses Thema aber wie ein alter, müder Geist immer wieder auf dem Dachboden spukt, hat seine Gründe. Es ist für Teams, die nahezu ausschließlich mit deutschen Spielern auskommen müssen, nervig, dass jene Vereine sportliche Erfolge feiern, die ihre Kader gezielt mit hochklassigen Legionären spicken. Durch das Niveau der Liga reichen oft drei Knipser und die Playoffs sind im Sack. Die diesjährige Tabelle macht diesen Graben besonders deutlich. Weißenfels, Leipzig, Wernigerode und Lilienthal auf den Plätzen eins bis vier. Dann lange nichts und dann der Rest, der sich eine solche Akquise nicht leisten kann – weder finanziell noch organisatorisch.
Wir würden es doch alle tun
Das aktuell durchweg beliebteste Ziel der Kritik: Wernigerode. Der einzige Verein, den eine solche Quote wirklich treffen würde. Auch dieses Jahr motzten die Red Devils ihren Kader mit fünf Verstärkungsspielern auf. Hätten sie es nicht getan, wären sie vermutlich klarer Abstiegskandidat. Für die Entwicklung des Vereins, insbesondere für sein finanzielles Wohlbefinden, wäre dies eine Katastrophe. Vielleicht hätten ja auch drei Finnen gereicht?
Egal. Es ist schwer, das richtige Gleichgewicht festzulegen. Vermutlich liegt es bei jedem Verein woanders. Die Red Devils haben, auch bedingt durch die Möglichkeiten, die ihnen die Region bietet, einen semi-professionellen Betrieb aufgebaut, der davon abhängt, dass die erste Mannschaft sportlich erfolgreich ist. Ohne ihre Zugänge hätten sie gegen die Konkurrenz an der Spitze keine Chance. Und weil sie die Mittel nunmal haben, um Kaliber wie Granlund in der Harz zu locken, tun sie’s. Warum auch nicht? Ob die sportliche Entwicklung so tatsächlich nachhaltig ist, wissen nur die Devils.
Am Ende ist die Diskussion für und gegen solche Transfers aber eine recht heuchlerische. Denn hätte ein Verein aus dem Tabellenkeller dieselben Möglichkeiten, würde er sich nicht viel anders verhalten. Die Hälfte aller Soinis und Pousis stand am Anfang in Berlin auf der Matte. Bis auf siebenundzwanzig Sorten Mate-Limo hatten wir hier aber nichts zu bieten – weder eine kostenlose Wohnung, noch einen einfachen Job. Aus guten und aus schlechten Gründen. Tja, selbst schuld. Also zog es die Scharfschützen in die Kleinstädte, wo Floorball auf andere Ressourcen zugreifen kann und es auch tut.
Wer wirklich etwas verändern möchte, der sollte ganz andere Ansätze verfolgen. Allen voran die Verpflichtung Großfeld-Jugendmannschaften aufzubauen.
Andererseits machen Vereine wie Weißenfels vor, wie nachhaltig von ausländischen Spitzenspielern profitieren werden kann. Ihr Know-How wird umfassend im gesamten Verein genutzt – vom Nachwuchs- bis hin zum Erwachsenenbetrieb. Dafür reichen schon zwei oder drei Leute, die aber wirklich etwas können müssen. Deshalb ist auch nicht die Quantität das „Problem“ für die Konkurrenz, sondern die Qualität. Und die würde sowieso keine Quote in den Griff bekommen.
Nachwuchs verpflichtet
Wer sicherstellen möchte, dass sich die Bundesligisten nicht aus der Verantwortung stehlen und mit ihren Legionären nur eine mäßige Ausbildung eigener Spieler kaschieren, der sollte ganz andere Ansätze verfolgen. Allen voran die Verpflichtung Großfeld-Jugendmannschaften aufzubauen.
Viele Vereine, auch die in der Bundesliga, brüsten sich damit, wie viele Kindermannschaften sie haben und dass es dieses eine oder andere Talent in den dritten Bundesliga-Block geschafft hat. Die fachliche und pädagogische Ausbildung von Spielern, insbesondere im Alter zwischen 16 und 20 Jahren, ist in den meisten Vereinen aber hundsmiserabel.
In der Schweiz müssen Vereine der NLA und NLB jeweils ein Team in den Kategorien U21, U18 und U16 starten lassen. Sogar im dritthöchsten Wettbewerb, in der Herren 1. Liga GF, müssen Teams in mindestens zwei dieser Kategorien starten. Die Umsetzung einer solchen Vorgabe würde in Deutschland aktuell am fehlenden Spielbetrieb scheitern.
Es spricht aber nichts dagegen, alle Erstligisten dazu zu verpflichten, etwa bis 2025 oder schrittweise bis 2027 in der U15, U17 und U19 jeweils eine Großfeldmannschaft zu bilden, die sich in regionalen Staffeln mit anderen Nachwuchsteams misst (oder bei U17 und U19 alternativ im regionalen Erwachsenen-Wettbewerb startet). Außerdem müsste der Verein pro Jugendteam mindestens zwei entsprechend ausgebildete und lizenzierte TrainerInnen vorweisen. Vereine, die eine solche Mindestanforderung nicht erfüllen, dürften in der 1., später auch in der 2. Bundesliga nicht starten oder bekämen Punkte abgezogen.
Denn schlimmer als der eine Ausländer mehr oder weniger ist das Leerfischen kleinerer Vereine, deren Leistungsträger ohne Kompensation abwandern.
Die genauen Anforderungen würden schrittweise und in Absprache mit den Vereinen steigen. Mehr Jugendteams, besser ausgebildete TrainerInnen, anspruchsvolleres Programm. Durch eine derart verbindliche Ausbildung würde der interne Druck steigen, die eigenen Spieler anstelle von mittelmäßigen Verstärkungsspielern auch in den Erwachsenenspielbetrieb zu integrieren – abgesehen davon, dass es in Deutschland dann auch bessere Spieler gäbe.
Ausbildung belohnen
Eine weitere wichtige Maßnahme wäre die Einführung einer Ausbildungsentschädigung – so wie sie im deutschen Basketball oder Handball aber auch im ausländischen Floorball üblich ist. Sie stellt sicher, dass ein Verein, der eine Spielerin oder einen Spieler ausbildet, entschädigt wird, wenn diese den Verein wechseln. Natürlich können sich die beteiligten Vereine auch anderweitig einigen. Sollten sie es aber nicht nun, legen Tabellen klar fest, wie der Heimverein für seine Ausbildungsarbeit zu entschädigen ist.
Viele Vereine weisen stolz auf ihre „heimischen“ Spieler hin, mit denen sie sich tapfer den von Ausländern hochgepuschten Topteams stellen. In Wirklichkeit haben sie sich ihren deutschen Kader aber bei anderen Vereinen aus der Region gemopst. Es muss an sich nichts Schlimmes sein, als regionales Spitzenteam Talente anzuziehen und feinzuschleifen. Es müffelt aber, wenn die Muttervereine für ihren Teil der Ausbildung nur einen feuchten Händedruck bekommen.
Den alten Geist sollte also ein neuer verscheuchen, einer der heult und poltert und uns daran erinnert, dass gerade die Bundesliga-Vereine mehr in die Ausbildung von Spielern investieren müssen. Das ist zwar deutlich anstrengender als eine Quote, die das Niveau an der Spitze drosselt, bringt aber wirklich etwas.
Foto: Mitteldeutscher Floorball Verein