Eine Liga für sich

Mit der Premier Floorball League gründen die schwedischen Topteams eine eigene Liga. Das Konzept eines abgeschotteten, autonomen Wettbewerbs ist ein beliebtes Gedankenspiel in vielen Sportarten. Aber wann ist so etwas eine gute Idee? Was kann aus der PFL werden?

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Eishockey hat’s versucht

Der Aufschrei war groß als sich die Gesellschafter der DEL vor etwa 14 Jahren überlegten, die höchste deutsche Eishockey-Profiliga vom Unterbau abzukoppeln. Insbesondere für die Vereine der DEL2 (2. Liga) war dieser Schritt ein Schlag ins Gesicht, nahm man ihnen doch von heute auf morgen die Perspektive, den Sprung unter die reiche Elite zu schaffen.

Die DEL argumentierte mit den bestehenden Unterschieden zwischen beiden Wettbewerben, die so groß waren, dass ein Auf- sowie ein Abstieg erhebliche finanzielle Risiken für die betroffenen Vereine nachsichziehen würden. Neben der Planungssicherheit für die Liga sowie auch für ihre Teilnehmer kamen natürlich noch diverse weitere, insbesondere finanzielle Vorteile hinzu, etwa Sicherheit für Investoren und Medien oder eine stärkere Gemeinschaft in Verhandlungen mit dem Verband.

Ab der Saison 2020/21 wird aber alles anders sein. Denn die DEL führt den Auf- und Abstieg wieder ein und feiert ihn wie eine Sportrevolution. Die Unterschiede seien kein wesentliches Problem mehr (die Lizenz wird nur bei einer Sicherheit von 800.000 € gewährt), die Verzahnung mit den übrigen Wettbewerben sei jetzt genau das, was der deutsche Eishockeysport benötige. Die Wahrheit liegt mit Sicherheit auf den Bankkonten aller Beteiligten.

Amerikanischer Traum

Viele Ligen, und damit auch ihre teilnehmenden Vereine, schauen sehnsüchtig hinter den großen Teich, wo die NBA (Basketball), NFL (American Football), NHL (Eishockey), MBL (Baseball) oder zuletzt sogar die MLS (Fußball) das Produkt „Profiliga“ perfektioniert haben. Homogene Systeme, dynamisch, privatwirtschaftlich und flexibel, da unabhängig von einem bürokratisierten, vielleicht sogar gemeinnützigen Verband, der auch noch andere Pflichten „mitschleppen“ muss als nur die Wertsteigerung der Liga und ihrer Teams.

Ein solches Prinzip ist aber praktisch nur in einer Sportlandschaft möglich, wo es weder gemeinnützige Vereine noch eine verzahnte Ligastruktur gibt.

Was aber viele vergessen ist, dass Profiligen wie die NBA oder NHL in ihrer Konstruktion eher einem Konzern wie McDonald’s als irgendeinem europäischen Spitzenwettbewerb ähneln. Die teilnehmenden Teams sind nämlich keine eigenständigen Vereine, sondern sogenannte Franchisenehmer. Sie kaufen sich in den Wettbewerb ein und müssen aufs Wort gehorchen – abhängig und glatt gebügelt, wie der Kamps-Bäcker unten an der Ecke oder der McDonald’s-Laden an der Autobahn. Sponsoring, Marketing, Merchandising, Events, Personal und viele weitere Dinge werden zentral über das Hauptquartier der Liga gesteuert – ein Alptraum für viele europäische „Traditionsvereine“.

Was für eine Gewalt eine solche Organisation ausüben kann, bewies die NFL als die Gehirnerkrankung CTE bestritten oder als Colin Kaepernick gemeinschaftlich aus der Liga gebootet wurde. Und schließt die NBA beispielsweise einen 1-Milliarde-Dollar-Vertrag mit Nike ab, darf von 2017 bis 2025 kein Team ein Adidas-Leibchen überziehen. Ein solches Prinzip ist aber praktisch nur in einer Sportlandschaft möglich, wo es weder gemeinnützige Vereine noch eine verzahnte Ligastruktur gibt – zwei unverzichtbare Dinge insbesondere für die Entwicklung junger Sportarten, etwa einer wie Floorball.

Dann eben ohne Verband

In Europa haben einige Ligen (wie eben die DEL) versucht, einen hybriden Wettbewerb zu basteln – eine autonome, abgeschlossene Liga, die aber weiterhin aus unabhängigen Vereinen besteht. Dies ist nun auch das Ziel der schwedischen Floorball-Vereine. Diese waren mit der Arbeit des Verbandes (zurecht) unzufrieden und bildeten eine Interessengemeinschaft, die nun einen eigenen Wettbewerb managen soll. Ob ihnen das gelingt, wird die Zukunft zeigen. Der Konflikt mit dem schwedischen Verband (dieser will Spieler der PFL vom Nationalteam ausschließen) wird dabei nicht hilfreich sein.

Die neue Ligaleitung bestätigte aber bereits, dass man schon diverse Partner an Bord habe, die der Verband sonst abgelehnt hätte. Um die Übertragungsrechte wird sich beispielsweise eine internationale Vermarktungsagentur kümmern, die auch die Belgische Fußball-Liga sowie den FC Arsenal betreut. Es wird sogar gemunkelt, die PFL könnte als verbandsunabhängige Liga auch Teams aus anderen Ländern aufnehmen – in erster Linie natürlich welche aus Finnland.

Ein erster Schritt wäre ein funktionierender Bundesligarat, ein zweiter die Wiederbelebung des Bundesliga Summits.

Dass solche megalomanischen Pläne in den bestehenden Ligen nicht allzu gut ankommen würden, ist verständlich. Kalle Rummennige und die Fußball-Superliga lassen grüßen. Andererseits war eine europäische Champions League schon immer ein Herzenswunsch der IFF. Bislang scheiterten alle Modelle aber krachend an fehlender Attraktivität und schwacher Vermarktung. Zur PFL hat sich der Weltverband bislang nicht geäußert – und wird es aus Loyalität gegenüber dem schwedischen Verband nur sehr vorsichtig tun. Ein wirklich professionell vermarkteter Spitzenwettbewerb wäre für die Entwicklung der Sportart aber mit Sicherheit kein Nachteil. Der Weltverband dürfte deshalb bald als Schlichter eingreifen – falls er es im Hintergrund nicht bereits längst tut.

Lektionen für die Bundesliga

Eine autonome Floorball-Liga in Deutschland ist natürlich völliger Unsinn und würde aus tausend Gründen nicht funktionieren. Zunächst einmal würde sie eine intensive Zusammenarbeit der Vereine benötigen – diese schaffen es im Augenblick aber nicht einmal einen einfachen Bundesligarat aufrechtzuerhalten. Außerdem ist die Durchlässigkeit des Spielbetriebs (Auf- und Abstieg) unverzichtbar, um jedem Verein den Wettbewerb zu bieten, der seinem sportlichen und organisatorischen Niveau entspricht.

Dennoch würde es der Bundesliga gut tun, etwas mehr Eigenverantwortung einzufordern und diese auch zu übernehmen. Ein erster Schritt wäre ein funktionierender Bundesligarat, ein zweiter die Wiederbelebung des Bundesliga Summits – eines als jährliches Treffen angesetzten Termins, bei dem die Vereine gemeinsam mit dem Dachverband Themen aus Bereichen wie Sport oder Vermarktung aufarbeiten.

Denn aktuell vernachlässigt die Bundesliga ihren eigentlichen Auftrag. Während engagierte Ehrenamtliche in den Regionen wichtige Graswurzelarbeit leisten, sollte die Königsklasse ihren Teil der Entwicklungsarbeit beitragen – Floorball als ernst zu nehmenden Spitzensport zu präsentieren. Tut sie aber nicht. Der Verband hat andere Sorgen und die Vereine spielen jeder auf seinem Häufchen. Aber am Ende haben wir eben jene Liga, die wir verdienen.