Doppelter Capo

Nach dem verlorenen Pokalspiel steht Weißenfels gegen Lilienthal unter Zugzwang. Das Floorballmag unterhielt sich mit Kapitän Tim Böttcher, wie des UHC so auch der deutschen Nationalmannschaft, über das Wesentlichste. Die Herausforderungen der Playoffs, einen neuen Modus für die Bundesliga, die Entwicklung des Vereins und… seinen Schuh im Museum.

Floorballmag: Tim, die Pause zwischen Ligaende und Halbfinals kann tückisch sein. Wie habt ihr euch im Saft gehalten?

Da hast du recht. Die Vierteilfinalpause ist immer etwas schwierig. Wir haben uns mit einem internen Testspiel und anschließendem Teamabend denke gut vorbereitet. Ähnliches gilt für die intensiveren und häufigeren Trainings in den letzten zwei Wochen.

Im Halbfinale wartet Lilienthal. Im Pokal hat’s gegen die Wölfe nicht gereicht.

Das Pokalspiel war sicher ein Spiel für die Zuschauer – viele Torchancen auf beiden Seiten und eine hohe Geschwindigkeit. Wir konnten hier allerdings selten unser Spiel umsetzen, was meiner Meinung nach hauptsächlich mentale Gründe hatte. Ich denke auch, dass dieses schnelle, auf Konter ausgelegte Spiel eher Lilienthal als uns in die Karten gespielt hat.

Lilienthal stand gegen Hamburg kurz vorm Aus. Konnte man sich da etwas abschauen?

Auch wir haben diese Serie mit Spannung verfolgt. Natürlich haben wir etwas analysiert und unsere Schlüsse gezogen. Mehr möchte ich aber verständlicherweise nicht sagen. Nur so viel: Lilienthal darf nie abgeschrieben werden.

Ist es nicht ein seltsames Gefühl gegen einen Gegner zu spielen, der nächstes Jahr nicht mehr in der Liga aktiv sein wird? Wie siehst du Lilienthals Rücktritt?

Ehrlich gesagt spielt der Rückzug für uns keine Rolle. Komisch war es im ersten Moment, als die Entscheidung bekannt gegeben wurde. Mittlerweile ist es aber total unwichtig. Persönlich möchte ich mir kein Urteil erlauben, ob es die Schuld von Lilienthal ist oder einfache unglückliche Umstände dazu geführt haben. Dafür habe ich schlichtweg zu wenig Einblick. So oder so finde ich es sehr schade, dass es vorerst ohne die Wölfe in der Bundesliga weitergeht. Sie waren beziehungsweise sind immer ein attraktiver Gegner und es hat in den Spielen immer viel Spaß gemacht. Nachvollziehbar ist der Rückzug aber allemal.

Kapitän hoch zwei – Böttcher trägt die Binde beim UHC und in der Nationalmannschaft.

Nimm uns ein bisschen mit in den Alltag des UHC. Auch wenn es mal nicht reicht, konnte bislang keine andere deutsche Mannschaft über einen längeren Zeitraum euer Niveau halten. Damit sich andere Vereine etwas abschauen können… wie trainiert die erste Mannschaft, mit welchen Schwerpunkten?

Ich glaube, dass wir nicht sonderlich anders trainieren als viele andere Bundesliga-Vereine. Wir sehen uns im Normalfall dreimal zum Hallentraining und individuell sollte jeder von uns ein bis zwei Trainings pro Woche zusätzlich durchführen. Inhaltlich fokussieren wir uns auf Schwerpunkte, die dann für drei bis fünf Wochen Hauptthema in den Trainings sind. Ein wichtiger Vorteil für uns sind sicherlich die Trainingsbedingungen. Alle Trainings finden in den Wettkampfhallen statt und das mit einem Kader, der zum Großteil dem Spielkader entspricht.

Gibt es einen sportlichen oder planerischen Ansatz, den ihr anderen Vereinen voraus habt?

Das ist vielschichtig. Wir haben uns vor einigen Jahren einen Vorsprung erarbeitet, haben früh auf die Nachwuchsausbildung gesetzt und so nachhaltig ein hohes Niveau aufbauen können. Zu dieser Zeit war das recht selten, aber mittlerweile machen das fast alle Vereine, was ich absolut toll finde. Auch bringen unsere Gastspieler viel Wissen mit, das insbesondere über ihre Rolle als Trainer an den Nachwuchs weitergegeben wird. Außerdem versuchen wir immer unserer mittel- und langfristigen Planung zu folgen, damit wir in möglichst vielen Bereichen sicher und gut als Verein arbeiten können.

Auch die Organisation ist recht beeindruckend. Viele kleine Dinge erleichtern euch das Leben auch an Spieltagen. Beispielsweise bauen bei den meisten anderen Vereinen Spieler selber das Feld auf und ab. Bei euch erscheint eine ganze Phalanx von Helferinnen und Helfern, oft etwas ältere Jahrgänge. Aus wem besteht die Community des UHC Weißenfels?

Eine Phalanx würde ich das nicht nennen. Es ist sicher so, dass wir ein sehr gutes Umfeld haben und viel Hilfe bekommen. Wie in den meisten Vereinen ist es aber so, dass sich ein Großteil der Aufgaben auf wenige Schultern verteilen. Das sind häufig Spieler aus früheren Tagen, aber auch zahlreiche Familienmitglieder und Freunde helfen mit. Definitiv wären unsere spielerischen Leistungen ohne diese Personen nicht möglich und das vergessen wir als Spieler auch nie.

Warum also nicht eine Liga mit zwölf Teams und beziehungsweise oder Play-Offs im Best-of-Five-Modus?

Andererseits muss man auch feststellen, dass die Ränge in Weißenfels früher deutlich voller waren. Die Tabellenspitze in dieser Wertung habt ihr an Vereine wie Kaufering abgegeben.

Die Zuschauerfrage ist immer ein wenig diffrenziert zu sehen. Zunächst stimmt es, dass wir in der Vergangenheit recht wenig gemacht haben, um in „normalen“ Spielen möglichst viele Zuschauer zu bekommen. Weiterhin glaube ich, dass die Zahlen nicht immer korrekt sind. Dass Kaufering aber zuletzt mehr Zuschauer hatte, gebe ich zu.

Woran liegt das?

Allgemein glaube ich, dass dieses Problem sehr viele Vereine betrifft. Die Bundesliga ist schlicht zu unattraktiv. Diese Saison bildet nach den Ergebnissen eine Ausnahme. Es sollten mehr Veränderungen seitens des Verbandes kommen. Beispielsweise hatten wir in einer Saison eine Best-of-Five Serie. Die war ein großer Erfolg, aber wurde nur einmal durchgeführt. Warum also nicht eine Liga mit zwölf Teams und beziehungsweise oder Play-Offs im Best-of-Five-Modus? Diese Spiele kann man am Besten vermarkten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl wir als auch der Verband mehr tun können.

Ihr habt in Weißenfels einen größeren Sport-Konkurrenten – die Basketballer vom den MBC. Welche Vorteile, welche Nachteile bringt das mit sich? Gibt es Kooperationen? Schaut man sich auch ab und zu die Spiele der „Konkurrenz“ an?

Der MBC ist für das sportliche Bild von Weißenfels extrem wichtig. Er generieren mit Abstand die meisten Zuschauer und ist deutschlandweit präsent. In der Kommunalpolitik haben aber auch wir uns einen Namen gemacht und werden so häufig ähnlich betrachtet. Natürlich schaut man sich ab und an gegenseitig etwas ab. Über gemeinsame Sponsoren ist es möglich, die Spiele des jeweils anderen zu besuchen, was auch öfters angenommen wird. Generell sieht man sich natürlich zu den Trainings und kommt manchmal ins Gespräch. Zu meiner Anfangszeit gab es auch noch gemeinsame Aktionen, welche aber leider etwas eingeschlafen sind. Vielleicht kommt das ja mal wieder.

Im Januar gab es eine etwas kuriose Situation als das Museum Weißenfels deine Schuhe in sein Inventar aufgenommen hat. Wie kam es dazu?

In Weißenfels war früher die Schuhindustrie ein wichtiger Faktor. Dementsprechend gibt es auch ein Schuhmuseum mit besonders alten Schuhen oder von Prominenten, zu denen ich jetzt auch irgendwie gehöre. Das wurde mir damals so gesagt, aber persönlich fühle ich mich überhaupt nicht so. Die zuständige Mitarbeiterin hat mich in einem WM-Beitrag im MDR gesehen und da kam ihr der Name bekannt vor. Meine Mutter arbeitet für die Stadt und so kam der Kontakt recht unkompliziert zustande. Selbstverständlich habe ich dafür zugesagt und mich auch riesig gefreut.

Fotos: Matthias Kuch, simon-werbung.de (1), Martin Flousek IFF (2)