Kalt wie eine Hundeschnauze riss Weißenfels der Konkurrenz aus Grimma den Titel aus den Händen. Andrea Gerdes im Gespräch über die starke Final-Serie des UHC, ihr Zusammenspiel mit Pauline Baumgarten und die Entwicklung der Damen-Bundesliga.
Floorballmag: Wenn man beide Pokalfinals einrechnet sowie die Meisterschaft 2018 hattet ihr drei Titel in Folge an Grimma abtreten müssen. Eine ordentliche Durststrecke. Wie schwer wiegt die Erleichterung nach diesem Erfolg?
Die Erleichterung und das mit dem Sieg verbundene Gefühl sind unbeschreiblich. Die letzten Wochen waren wir als Team extrem stark zusammengeschweißt und haben einen sehr großen Ehrgeiz entwickelt. Ich persönlich habe jedes geschossene Tor der beiden Finalspiele gefeiert als wären wir „Weltmeister“ geworden (lacht). Die Euphorie im Team war grenzenlos.
9:3 und 10:2. Das waren zwei klare Ansagen. Wo kam dieser Leistungssprung her?
Ich habe mich auch schon gefragt wo dieser plötzliche Leistungssprung herkam. Im Team sind wir uns alle einig, dass es die letzten beiden Spiele eine absolut hundertprozentige Teamleistung war. Auch wenn mal ein Training nicht perfekt gelaufen ist, was immer mal vorkommt, war das Ziel immer klar vor Augen und wir haben uns gegenseitig stark gemacht. Auch unser „Meister-Coach“ Sami Ärlig hat uns taktisch immer sehr gut auf unsere Gegner eingestellt. Zudem kommt natürlich noch bei jeder einzelnen Spielerin die individuelle Einstellung auf die Spiele dazu. Wir waren alle sehr konzentriert, fokussiert und konsequent in dem was wir aufs Parkett gebracht haben.
Das war gegen den MFBC zuletzt nicht immer so.
Grimma war die letzten Jahre dieser sogenannte „Angstgegner“. Das haben wir bisher zu wörtlich genommen. Aber bereits zum ersten Finalspiel in Weißenfels haben wir diese Unsicherheit abgeschüttelt, sind mit einem sehr starken Selbstbewusstsein in beide Spiele gestartet.
Worin lag spielerisch der größte Unterschied gegenüber Grimma?
Meines Erachtens nach lag der größte Unterschied in der taktischen Umsetzung unseres Spiels, in der Verteidigung als auch im Angriff. Spielerisch konnten wir das Spiel kreativer gestalten, waren ein Stück weit disziplinierter und damit auch am Ende einfach die bessere Mannschaft. Wir haben alle sechzig Minuten lang hart gekämpft und der Wille hat uns angetrieben. Wir wollten nicht erst einen Rückstand aufholen, sondern von der ersten Minute an Chancen kreieren und uns Tor für Tor den Titel erkämpfen. Wir wollten die Finalspiele klar dominieren.
Du hast im zweiten Spiel unter anderem drei Vorlagen eingeheimst – alle auf Pauline Baumgarten. Gibt es da ein ganz bestimmtes Verständnis?
Pauli ist ohne Frage eine oder wenn nicht sogar die talentierteste Spielerin Deutschlands. Das macht es natürlich für mich leichter mit ihr zu zusammenzuspielen. Aber meiner Meinung nach, gibt es tatsächlich ein ganz bestimmtes Verständnis zwischen Pauli und mir. Sowohl sie als auch ich haben bereits im Ausland gespielt und haben viel Erfahrung gesammelt, die wir in unser Spiel einfließen lassen. Wir haben beide ein sehr gutes Gespür für Spielsituationen und sind auch beide individuell sehr starke und flexible Spielerinnen. Pauli ist zudem eine sehr gute Schützin und ich lege sowieso lieber auf. Vorlagen sind sozusagen meine Tore.
Das war nicht das erste Mal.
Das Zusammenspiel hat sich in den letzten Jahren extrem gut entwickelt, wir kommunizieren sehr viel und ich kann mich immer auf Pauli verlassen – auf und neben dem Feld. Wir legen auch beide viel Wert auf unsere Fitness und einen gesunden Lebensstil, was sich auch auf dem Feld bemerkbar macht. Außerdem bildet Vanessa Weikum mit uns ein starkes Sturm-Trio, vielleicht das momentan aggressivste, stärkste der Liga.
Nun bist du schon die eine oder andere Saison dabei. Wie bewertest du den aktuellen Bundesliga-Wettbewerb der Damen?
Aktuell haben wir nur sechs Teams in der Damen-Bundesliga. Ich wünschte mir natürlich, dass es mehr Teams werden. Aber die Entwicklung innerhalb der Vereine schreitet gut voran. Gerade junge Teams wie Dümpten und Bonn entwickeln sich schnell sehr stark. Es macht Spaß, gegen solche jungen Wilden zu spielen. Ich würde mir für die nähere Zukunft wünschen, dass die Damen-Bundesliga aus 10 Mannschaften bestünde.
Bonn, Dümpten und Hamburg spielen jetzt schon um den Titel mit.
Was sollte sich langfristig noch verbessern? Was ist am Dringlichsten?
Ganz wichtig ist die Ausbildung unseres Nachwuchs. Ohne zukünftige Spielerinnen wird sich langfristig nichts verbessern. Und auch die Ausbildung beziehungsweise die Ausbilder sollten eine qualitativ hochwertige Betreuung leisten können. Der Nachwuchs sollte auch mehr in einen Erfahrungsaustausch mit älteren Spielern integriert werden. Man muss den Jungen ausreichend Selbstbewusstsein vermitteln, um immer mehr vorne dabei sein zu können. Die Euphorie der jungen Spieler wirkt zudem positiv, denn wenn diese ambitioniert und fleißig sind, ziehen die erfahrenen Spieler noch mehr mit.
Welchen Verein siehst du als aussichtsreichsten Verfolger von euch und Grimma? Wer könnte eines Tages auch mal um den Titel mitspielen?
Momentan denke ich, dass sowohl Bonn, Dümpten als auch Hamburg potentielle Verfolger sind und auch jetzt schon um den Titel mitspielen. Es waren nicht immer sehr eindeutige Ergebnisse gegen den UHC und Grimma. Bonn, Dümpten und Hamburg entwickeln sich sehr gut und da dürfen wir natürlich auch nicht stehen bleiben in unserer Entwicklung.
Fotos: Matthias Kuch, simon-werbung.de