Gleich im ersten Jahr schaffte Holzbüttgen den Einzug in die Playoffs. Der professionelle Anspruch der Kaarster kündigt aber eine weitaus erfolgreichere Zukunft an. Das Floorballmag unterhielt sich mit Philip Michaelis, PR-Wart der DJK, über Trainerrochaden, die Bröker und das „verflixte zweite Jahr“.
Floorballmag: Philip, die erste Saison in der Oberklasse war mehr als erfolgreich. Ihr habt die Playoffs erreicht und den einen oder anderen Favoriten ins Schwitzen gebracht, sogar geschlagen. Lässt sich das im zweiten Jahr toppen?
Philip Michaelis: Einerseits ist zuzustimmen, dass unsere Jungfernsaison in der 1. Bundesliga relativ erfolgreich war. Relativ in Bezug auf die Erwartungen von außerhalb und in Bezug auf die extrem negative Verletztenbilanz innerhalb der Saison. Aber, und das ist bitte nicht als überheblich zu verstehen, den Playoff-Platz und den damit sicheren Ligaverbleib hatten wir uns vor der Saison offiziell als sportliches Ziel gesetzt.
Das heißt, da ist noch mehr drin?
Es sollte jedenfalls nur das Etappenziel eines langfristigen Plans sein. Daher muss man sagen, dass sich, absolut gesehen, noch einiges verbessern lässt: Wir wollen Teams schlagen, die wir bisher nie besiegen konnten. Wir möchten in den Playoffs und im Pokal weiter kommen als im Vorjahr. Und wir versuchen unser Spiel an sich attraktiver und effektiver zu gestalten. Aus Zweitligazeiten sind wir bezüglich des „verflixten zweiten Jahres“ gewarnt. Ob uns 2019/2020 in allen Bereichen schon ein sichtbarer Schritt nach vorne gelingt, wird sich zeigen. Aber so floskelhaft es klingt, so wahr ist es: Im Sport hat jeder die Möglichkeit, sich ständig zu verbessern.
Im Sommer ist Jesse Backmann zum Team hinzugestoßen, der im vergangenen Jahr Pokalsieger mit Lilienthal wurde. Wenn die DJK so erfolgreich war, warum hat es eines neuen Trainers bedurft?
Die letzte Saison haben wir mit einem 3-köpfigen Trainerteam aus Daniel Joest als Cheftrainer sowie Janik Pfeiffer und Ilari Suuronen, beide Spielertrainer, bestritten. Die drei haben wirklich professionelle Arbeit geleistet und extrem viel Zeit und Herzblut in den Job gesteckt. Der Output war sensationell und es hat eine echte Entwicklung innerhalb der Saison stattgefunden. Aber man muss den Erfolg richtig einordnen. Wir haben unsere Ziele erreicht, was wirklich ein brutales Stück Arbeit war. Aber es ist nicht so, als hätten wir sämtliche Rekorde geknackt.
Wie wird die Rollenaufteilung dann aussehen?
Daniel hat als Floorball-Autodidakt in der Trainerrolle fast mehr erlebt und gewonnen als mit unseren Mitteln anfangs denkbar war. Doch auch er wird fortan viel deutlicher seine Expertise in anderen Bereichen, wie z.B. Athletiktraining, Sportpädagogik, -Diagnostik, -Psychologie oder -Ernährung, einbringen und befreiter mit dem Team arbeiten können. Zusammen mit Jay (Spitzname statt Jesse, A.d.R.) Backmann als Headcoach wird dann viel Erfahrung, Kreativität, Floorball-Know-How und vor allem Persönlichkeit im Trainerteam stecken. Zudem werden Jays Aufgaben auch im Bereich der Trainer- und Jugendausbildung liegen, womit wir nachhaltigen Erfolg möglich machen wollen.
Mit Janos Bröker kommt der vielleicht beste deutscher Stürmer der Liga nach Holzbüttgen. Was bedeutet das fürs Holzbüttgener Spiel?
Hoffentlich mehr Tore (lacht). Klar, Janos ist eine absolute Granate und ein kompletter Spieler. Man sollte nur nicht den Fehler machen, von heute auf morgen Übernatürliches zu erwarten. Er bekommt, wie alle Neuen, genug Zeit sich in den Verein, das Team und seine Rolle einzufinden. Da erhält er von uns die volle Rückendeckung und Geduld, statt jedweden Druck. Generell gilt: Das Holzbüttger Spiel samt seiner Spieler wird sich an die Spielphilosophie des Coaches anpassen und weniger umgekehrt.
Eine Zeitlang wurde gemunkelt, dass es auch noch weitere ehemalige Wölfe nach Holzbüttgen verschlagen könnte. Warum hat das nicht geklappt? Janos’ Bruder Niklas wäre noch ein Kaliber gewesen. Wird es noch Änderungen im Kader geben?
An den Munkeleien waren wir ja nicht beteiligt, insofern sehen wir das entspannt. Es ist so, dass wir einige Abgänge zu verzeichnen hatten und sich am Kader das ein oder andere verändert hat und verändern musste. Für uns steht aber eines im Vordergrund, wenn wir über Kadererweiterungen reden: Es geht nicht darum, jede Möglichkeit radikal abzugrasen. Vielmehr soll, wie in den letzten Jahren auch, der eigene Nachwuchs Chancen bekommen. Wir wollen sozusagen nicht einfach “die besten” Spieler, wir wollen vor allem “die richtigen” Spieler an uns binden. Leute mit passendem Persönlichkeitsprofil und Identifikationspotenzial. Aus diesen Gesichtspunkten würde Niki Bröker perfekt zu uns passen.
Vereine, die aus der Leidenschaft einer Generation geboren werden, erwartet meist ein harter Umbruch. Kauferings Aufstieg folgten ein paar fette Jahre, letzte Saison kämpfte man aber gegen den Abstieg. Lilienthal zerfiel sogar komplett. Welche Entwicklungen in Eurem Verein sprechen dafür, dass Euch das nicht passiert?
Diese Fälle sind schwer miteinander zu vergleichen und die Situationen in den Vereinen höchst individuell. Der TVL und die Red Hocks haben uns alle in der Vergangenheit mit schnellem, vertikalem Floorball und sympathischen Akteuren begeistert, insofern sollte man die Arbeit dort nicht madig reden. Zudem ist die Liga insgesamt sportlich homogener als das auf dem Papier oder der Tradition gemäß manchmal scheint. Da es lediglich Playoffs und Playdowns gibt, also kein “sicheres Mittelfeld”, kommt es eben auch mal zu Überraschungen. Das muss nicht prinzipiell auf eine Negativentwicklung hinweisen. Gerade die Jugendarbeit in Kaufering ist grandios.
Lilienthal hat einen Umbruch nicht geschafft.
Die DJK hat schon einige Umbrüche überstanden. In Holzbüttgen ist eine intakte Vorstandsarbeit inklusive akribischer Jugendförderung das A und O. Hinzu kommt ein starkes Umfeld mit vielen Unterstützern und Aktiven. Im Erstligabetrieb wirkt bei uns ein starkes eigenes “Team hinterm Team”, das rein gar nichts dem Zufall überlässt.
In Holzbüttgen ist auch die Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig. Auch die Zuschauerzahlen waren hoch. Welche organisatorischen Neuerungen oder Ziele habt Ihr Euch für die neue Saison vorgenommen?
Die Kulisse in der Stadtparkhalle ist wirklich bei jedem Heimspiel mitreißend und auch etwas, das die Spieler ungemein antreibt. Wir wollen unseren Gästen eine stetig exklusivere und unterhaltsamere Atmosphäre bieten, auch abseits des sportlichen Geschehens. Dahingehend hatten wir letztes Jahr beispielsweise erste Feldversuche in Zusammenarbeit mit unseren musikalischen Freunden von „Die Band die keiner kennt“ unternommen.
Ihr spielt natürlich auch lokal eine relevante Rolle.
Identifikation ist hier ein zentrales Stichwort. Aber selbstverständlich ist es unser Ziel, die durchschnittlichen Zuschauerzahlen weiterhin zu steigern und Floorball in Kaarst und Umgebung bekannter und zum Sport-Gesprächsthema Nummer eins zu machen. Was die kurzfristige Informationsversorgung bezüglich Spieltagen und anderen Veranstaltungen angeht, setzen wir auf Regelmäßigkeit, Aktualität und Corporate Design, insbesondere auf der Ebene von Social Media, aber auch in enger Zusammenarbeit mit lokalen Zeitungen. Wir versuchen da so kreativ wie möglich zu sein, lassen uns aber auch hier und da inspirieren. Denn man muss sagen, dass es in der Königklasse, aber auch in unteren Ligen, viele Klubs gibt, die wirklich imposante Öffentlichkeitsarbeit leisten. Ferner freuen wir uns über jeden Berichterstatter, wie ihr es seid. Doch auch die Verbände sollten in der Kommunikation und Informationsvermittlung mittelfristig unbedingt wieder verstärkt auf Aktualität, Regelmäßigkeit und Relevanz setzen – und das auf allen Kanälen.
Auf Eurer Website sind die Sponsorenbanner von satten 32 Partnern aufgeführt. Gibt es dafür ein besonderes Konzept, dass Ihr eine solche Breite von Partnern binden konntet?
Es gibt mittlerweile ein umfangreiches Sponsoring- und Partnerkonzept mit Fokus auf Transparenz und Nachhaltigkeit. Viele Sponsoren wissen unseren gewissenhaften Umgang und die persönliche Betreuung zu schätzen und fördern uns seit vielen Jahren. Die größere mediale Aufmerksamkeit und höhere Zuschauerzahlen in der Bundesliga waren ebenfalls förderlich dabei, einige neue Förderer zu überzeugen. Wir arbeiten weiterhin fieberhaft daran, uns in dem Bereich weiter zu verstärken und die Möglichkeiten insbesondere im infrastrukturellen Bereich zu optimieren.
Das versuchen andere Verein auch. Welche Rolle spielen persönliche Beziehungen dabei?
Man muss ganz klar sagen, dass ohne persönliche Kontakte und ein breites Netzwerk auch das beste Sponsorenkonzept nichts nützt. Letztlich hängt das Binden langfristiger Partner auch mit authentischer, nachhaltiger Arbeit und Angeboten der DJK sowie – allen voran – dem Engagement unserer Vorsitzenden zusammen.
Was die Herren erreicht haben, könnten eines Tages auch die Damen erreichen, oder? Wie sieht die Entwicklung dort aus?
Das wäre mehr als wünschenswert und ist langfristig ein festes Ziel. In unseren Jugendmannschaften spielen sehr viele talentierte Mädchen, die irgendwann einmal die Möglichkeit auf differenzierten Leistungssport haben sollen. Schon die aktuelle Damenmannschaft ist seit langem eine absolut tragende Säule des Vereins. Sportlich gesehen gilt es sich mittelfristig gegenüber dem Kleinfeld-Modus und all den damit verbundenen Mythen und Trugschlüssen zu emanzipieren. Übrigens ein Schritt, der gewiss auch vermehrt auf der Ebene von Jugendligen erfolgen sollte und wird. Speziell im Damenbereich in NRW ist die größte strukturelle Restriktion aber derzeit, dass es lediglich die Option gibt Großfeld in der Bundesliga zu spielen. Das käme logistisch und sportlich derzeit noch etwas zu früh.
Fotos: DJK Holzbüttgen