Auch deutsche Floorballerinnen und Floorballer unterschätzen gerne ihre digitale Sichtbarkeit. Ein vermeintlich privater Post kann dann schnell für großen Ärger sorgen. Spannende Reichweiten oder ungewollte Verantwortung?
Floorballinnen und Floorballer, insbesondere in Deutschland, befinden sich oft in einem tückischen Spannungsfeld. Einerseits sind sie pure Amateure, erhalten für ihre sportlichen Leistungen keinen Cent und werden weder in den klassischen noch in den sozialen Medien von einer besonders großen Fanschar gefolgt.
Andererseits sind sie durchaus Personen öffentlichen Interesses. Dieses kann ebenso klein wie gefährlich sein. Denn innerhalb der deutschen, vielleicht sogar internationalen Floorball-Szene, repräsentieren sie Team, Verein, Verband oder auch Land. Ihr Verhalten und ihre Aussagen färben ab, werden gehört und können ihrem Umfeld im Zweifel auch schaden.
Medienkompetenz nötig
Ohne Blitzlichtgewitter, Pressekonferenzen und Autogrammstunden ist es einfach Letzteres zu unterschätzen, wenn nicht sogar zu vergessen. Auch weil dies noch vor Kurzem anders war. Die einzige öffentliche Meinungsäußerung, die einem Randsportler vor fünfzehn, vielleicht noch vor zehn Jahren möglich war, wurde entweder in einer Pressemeldung eingefangen oder ein gelangweilter Lokaljournalist ist übers Sommerloch gestolpert und hat nachgefragt.
Facebook, Instagram, Twitter & Co. haben die öffentliche Kommunikation aber auf den Kopf gestellt. In Folge dessen wird auch im Floorball eine Medienkompetenz gefordert, die früher nicht von Nöten war. Für manche stellt dies eine Herausforderung dar, die sie sich nicht eingestehen wollen. Ein dicker Fehler, wie mittlerweile zahlreiche Beispiele belegen.
Vor einigen Saisons hatte ein Bundesliga-Spieler in seinem Facebook-Post einen dunkelhäutigen, aggressiv posierenden Fußball-Spieler mit einem Affen verglichen. Vielleicht war seine Äußerung tatsächlich rassistisch gemeint, hoffentlich aber „nur“ grenzenlos dämlich formuliert. Natürlich war die vermittelte Botschaft in beiden Fällen aber absolut inakzeptabel gewesen. Viele andere Spieler und Fans, die mit ihm im Sozialen Netz verknüpft waren, sahen diesen Post und durften sich wundern, ob er noch alle Schrauben in der Kelle hat und welcher Verein so ein Verhalten zulässt.
Die Sportmarke, für die ich arbeite, hatte damals den Verein jenes Sportlers gesponsert. Ich musste natürlich umgehend Kontakt mit dem Verein aufnehmen und versuchte zu erklären, dass dieser Spieler, wenn auch ein unbezahlter Amateur, sich eine derartige öffentlichen Entgleisung nicht erlauben darf. Laut Vertrag hätten wir bei Nichteingreifen der Verantwortlichen die Zusammenarbeit fristlos kündigen können – was wir auch getan hätten. Sofern ich mich aber richtig erinnere, reagierten Verein und Spieler schnell. Der Post wurde gelöscht.
Was würde Nowitzki tun?
Ich stelle den entstandenen Image-Schaden natürlich keinesfalls über ein tiefgründiges gesellschaftliches Problem. Nichts liegt mir ferner. Letzteres verdient aber einen tiefgründigeren Rahmen und mit Sicherheit einen anderen Artikel.
Jedenfalls war es damals das erste Mal, dass ich mit einer solchen Situation im Floorball zu tun bekam. Ein Spieler, der denkt (oder es eben nicht tut), dass er – wie jede andere Privatperson auch – mit seiner Meinung nur für sich spricht und lediglich einen abgeschlossenen Bekanntenkreis im Netz erreicht. Denkste.
Natürlich ist ein solcher Post eine besonders heftige Entgleisung. Eigentlich hätte ein internes Disziplinarverfahren im Verein folgen sollen, seine Freunde hätten aufschrecken und Alarm schlagen sollen. Es können aber auch deutlich harmlosere Äußerungen unnötigen Schaden oder zumindest unnötigen Gesprächsbedarf anrichten: Wird im Anschluss an ein missglücktes Spiel die Schiedsrichterleistung verrissen, das Bild eines gebrochenen Sponsorenschlägers gepostet oder ein stolzer Schnappschuss mit zwei halbautomatischen Schusswaffen hochgeladen (hat es tatsächlich alles in der vergangenen Floorball-Saison gegeben), dürfte jeder Abteilungsleiter mit dem Kopf gegen die Tischplatte schlagen. Ob die U11 ihren Trainer bei Instagram mit Whiskeyglas tanzen sehen muss, stelle ich auch in Frage.
Um seinen ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen einen solchen Bärendienst zu ersparen und um seiner eigenen Vorbildfunktion gerecht zu werden, ist also Fingerspitzengefühl gefragt. Gelegen kommt da eine einfache Kontrollfrage, die helfen kann, einen Post als angemessen oder unbrauchbar zu bewerten: Was würde passieren, wenn ein etablierter Basketball-, Handball- oder Fußball-Star diesen veröffentlichen würde? Gewiss, die Community, die den eigenen Post bewerten wird, ist tausend-, vielleicht millionenfach kleiner. Sie funktioniert aber exakt nach denselben Regeln, verfügt über dieselben Sensibilitäten.
Wer jetzt einwendet, dass man eben kein glattgebügelter Profischnösel ist, dass Floorball doch anders sein will und dass man auch Kante zeigen darf, der hat das Problem nicht begriffen. Es geht nicht um die eigene Kante. Es geht um den Preis, den das ganze Team, der Verein oder der Verband zahlen wird ohne eine Wahl gehabt zu haben.
Meinungsfreiheit bleibt uneingeschränkt
Es geht also keineswegs um die Einschränkung von Meinungsfreiheit. Tatsächlich sollte es sogar erwünscht sein, mit Meinungen anzuecken, für ein wichtiges Thema einzustehen und gerne auch Kante zu zeigen. Man muss sich dabei nur aller Konsequenzen bewusst sein. Man muss die Kosten kennen, die jene Leute zahlen werden, die man repräsentiert. Denn bei MannschaftssportlerInnen überlappt sich der eigene Auftritt immer mit der öffentlichen Wahrnehmung unseres Teams.
Zuletzt hatte ich des Öfteren versucht, Spielerinnen und Spieler, mit denen ich in irgendeiner relevanten Funktion zu tun hatte, darauf hinzuweisen, dass sie auch als Amateure eine Verantwortung für ihre Selbstdarstellung haben, dass auch der harmloseste Post zu unmittelbaren Rückschlüssen nicht nur auf sie, sondern auch auf die gesamte Gemeinschaft führt, mit der sie in Verbindung gebracht werden.
Ich kann allen Vereinen nur raten, auch bei ihren Spielerinnen und Spielern, aber auch bei Funktionären und Fans ein entsprechendes Bewusstsein zu wecken, etwa per kurzer Erklärung oder sogar schriftlicher Weisung. Das Bisschen Fingerspitzengefühl sollten jede und jeder hinbekommen.
Natürlich hat ein solcher Wirkungsgrad seine Grenzen. Es lässt sich also nicht jeder Fehltritt vermeiden. Wenn sich der eigene Abwehrchef dann in Münster mit einer Pulle Sterni und einem überdimensionalen, aufblasbaren Pullermann ablichten lässt, dann ist’s halt so. Wenigstens hat man ein Negativbeispiel, um dem Rest die Ginge in Ruhe zu erklären. „Thank you for the mistake“, hat mein Englischlehrer immer gesagt.
Foto: Stephan Janz