Hausarrest. Und nun? Entweder Ihr zockt jetzt siebenmal die Uncharted-Serie durch oder Ihr bereitet Euch und Euren Floorball-Verein auf die Zukunft vor. Denn die kommt bestimmt. Wir haben da mal ein paar Hausaufgaben aufgelistet.
Interne Digitalisierung
Nur noch wenige Vereine kommunizieren mit ihren Mitgliedern per Brief und Umschlag. Dass man dadurch gleich digital ordentlich aufgestellt wäre, ist natürlich Unsinn. Tippt Ihr Eure Mitglieder noch in Excel-Listen ab oder nutzt Ihr schon multifunktionale Dienste wie Webling oder ClubDesk, welche die gesamte Vereinsverwaltung übernehmen (inkl. Buchhaltung, Datenschutz, Mitgliederkommunikation etc.)? Seid Ihr ein Mehrsparten-Verein und habt deshalb sogar an eine eigene App gedacht? Wie kommuniziert Ihr mit Euren Mitgliedern? Verschickt Ihr unübersichtliche Text-Mails, die schnell im Spam-Ordner landen, oder bindet Ihr Aufmerksamkeit mit echten Newslettern etwa über Mailchimp? Gibt es einen zentralen Bereich auf Eurer Website, wo Mitglieder stets aktualisiert alle wichtigen Informationen (Trainingsplan, Kontaktpersonen etc.) finden? Und wie kommuniziert Euer Personal miteinander? Verstreut nur über Whatsapp und Mails, die mal die eine erreichen und den anderen nicht? Oder nutzt Ihr Coworking-Plattformen wie Slack oder Asana, die im Übrigen für gemeinnützige Vereine umsonst sind? Die vielleicht am meisten unterschätzte Herausforderung der Vereinsarbeit ist Dokumentation. Im Ehrenamt kommen und gehen HelferInnen oft. Digitale Plattformen helfen, Prozesse zu speichern, damit NachfolgerInnen ohne Wissensverluste anschließen können. Dann legt mal los.
Externe Digitalisierung
Im Vergleich zu anderen Sportarten stehen Floorball-Vereine in ihrer Außendarstellung an sich noch ganz solide dar. Trotzdem geht’s noch besser. Denn viele Vereine verfehlen bislang die richtigen Zielgruppen. Kommuniziere ich nur mit meinen Mitgliedern oder versuche ich mich innerhalb der Szene zu positionieren und Themen zu setzen? Spreche ich alle auf einmal an oder nutze ich für bestimmte Zielgruppen auch bestimmte Kanäle. Will ich beispielsweise junge Neumitglieder gewinnen, wird mir ein Aufruf über Facebook mittlerweile deutlich weniger bringen als über TikTok. Und wie sehen eigentlich die Inhalte aus, die wir streuen? Reicht euch ein langweiliger Endstand auf dem immerselben Hintergrund (dessen Streuung Instagram, Facebook & Co. wegen zu viel Text sowieso drosseln)? Oder schafft Ihr es kleine Video-Snippets hochzuladen, mit Kurzinterviews oder dem Tor des Spiels? Ihr kennt’s, „Video is King“. Und entspricht Eure Website überhaupt den Nutzungsroutinen Eurer Zielgruppen? In der Regel werden über 80 % üblicher Sportnews auf mobilen Geräten gelesen. Welche Figur macht Eure Seite dort? Also, ran an den Frühjahrsputz.
Sponsoring-Konzept
Das Sponsoring wird nach der Krise nicht leichter sein. Selbst Bäckermeister Ullrich und Metzger Mayer werden gerne wissen wollen, warum Sie auch dieses Jahr die 500 Piepen für den Sprit zahlen sollen. Viele Vereine argumentieren immer noch mit Werbebanden und Trikotflächen. Klar, muss man auch auflisten. Viel interessanter sind mittlerweile 1) der direkte Zugang zu Endkunden und 2) die Messbarkeit einer solchen Zusammenarbeit? Setzt also eine professionelle Sponsoring-Präsentation auf (kleiner Anreiz wäre der Sponsoring Guide des Final4 2020) und überlegt Euch konkrete Kampagnen, die ihr mit dem jeweiligen Sponsor umsetzen könnt. Denn Bekanntheit verkauft noch keine Brötchen. Und zahlt keine Miete. Lasst Eure Dauerkarten-BesitzerInnen beispielsweise ihre Tickets beim Bäcker abholen, inklusive Rabatt auf ein eigens benanntes Krustenbrot. Außen hart, innen zart, wie Euer Verteidiger Freddy. Oder veranstaltet dort einmal im Monat ein kultiges Trainer-Interview, bei dem Bäckermeister Ullrich frischen Kaffee serviert und immer eine total überflüssige Zote zum letzten Spiel abgibt. Erklärt Euren Sponsoren, warum es für sie nicht nur moralisch sinnvoll ist, einen gemeinnützigen Verein zu unterstützen. Denn wenn Ihr Euch nicht selbst ordentlich kommunizieren könnt, werdet Ihr es beim Sponsor nicht besser machen.
Redesign
Vielleicht werdet Ihr für die obigen Herausforderungen einen neuen visuellen Auftritt benötigen. Dafür müsst ihr gar nicht Namen, Farben oder Wappen ändern (vielleicht nur etwas straffen und säubern). Vielmehr geht es um ein einheitliches Erscheinungsbild, von Spieltagspostern über Social-Media-Posts bis hin zur erwähnten Sponsoringmappe. Alles aus einem Guss eben. Die Corona-Zeit ist besonders für FreiberuflerInnen ein hartes Pflaster. Das sollt Ihr keinesfalls ausnutzen, im Gegenteil, es wäre mehr lobenswert, wenn Ihr Ihnen mit einem Auftrag unter die Arme greift. Für einen fairen Taler bastelt Euch ein guter Designer dann Euren neuen Auftritt. Im Augenblick dürfte er freie Kapazitäten haben. Und wenn die Auftragslage wieder gut ist, wird er sich vielleicht an Euch als guten Kunden aus der Krise erinnern und auch mal aushelfen, wenn die Vereinskasse gerade vor Leere gähnt. Und wenn nichts mehr hilft, gibt’s immer noch Canva. Früher lieferten browserbasierte Designtools meist nur Stoff zum Fremdschämen. Aber Canva kann was. Der Dienst bietet Templates, die Euch mit ein paar Clicks zwar nicht einzigartige, dafür aber stilsichere und professionelle Grafiken basteln lassen (Posts, Flyer etc.).
Content
Außer Homevideos mit Toilettenpapier lässt die aktuelle Situation leider nicht allzu viel Kreativität für viralen Content zu. Doch irgendwann ist die Krise vorbei und ein gut durchdachter Programmplan wird dann gelegen kommen. Wann wird wo was produziert, wo wird es wann veröffentlicht und wer hat dafür den Hut auf? Zurück zu Bäckermeister Ullrich, bei dem also jeden ersten Montag im Monat um 18 Uhr das Interview mit Head-Coach Udo aufgenommen wird, ein paar erste Schnappschüsse gibt’s in den Insta Stories und bei TikTok gleich mit, dienstagfrüh wird das komplette Video dann auf YouTube hochgeladen und auf der Website in einen begleitenden Artikel gepackt, der als Überschrift einen knackigen O-Ton-Spruch bringt. Um 11:40 Uhr, schön bevor die Leute zur Mittagszeit ihre Handys rausholen, wird dann über alle Sozialen Medien gestreut. Und sollte etwas derartiges auch für lokale Medien sinnvoll sein, geht auch gleicht der Mailchimp-Newsletter an den JournalistInnen-Verteiler raus. Über Bäckermeister Ullrichs Plauderstube hinaus gibt es natürlich noch viel witzigere Inhalte. Ohne einen verbindlichen Programmplan werden die meisten davon aber nur zu lustigen Eintagsfliegen. Der mit Abstand viralste Content bleiben natürlich Spiele-Highlights. Für diese gibt es mittlerweile eine Unzahl an technischen Lösungen. Egal ob Marke Eigenbau über YouTube und Twitch, mittels spezialisierter Plattformen (die entsprechende Technik zur Verfügung stellen) wie sportdeutschland.tv oder maßgeschneidert mit Filmcrew (Hamburg hat’s vorgemacht) – solange es keine zentrale Verbandslösung gibt, sollten die Vereine eigene Wege suchen. Und finden. Finden überregionale Sponsoren übrigens auch klasse.
Ausbildungsplan
Vereine, die junge SpielerInnen ausbilden und diese bis zum leistungsorientierten Erwachsenensport begleiten möchten, benötigen einen abgestimmten Ausbildungsplan. Einen roten Faden, der zusammenfasst, welche Schwerpunkte in welchem Entwicklungsstadium wie angegangen werden sollen. Eine interessante Übersicht liefert das Standardwerk des Schweizer Verbandes: Besonders hilfreich ist darin Kapitel zwei, das Grundlagen-, Aufbau-, Anschluss- und Leistungstraining aufarbeitet. Zum Ausbildungsplan der Aktiven fügen professionelle Vereine auch noch etwa Ansprüche an die Qualifikation ihrer TrainerInnen und BetreuerInnen hinzu sowie taktische Vorgaben, um den Übergang von älterer Jugend zu Erwachsenen zu erleichtern. Ein solches Handbuch unterstützt dann alle ÜbungsleiterInnen im Verein und schafft ein gemeinsames Verständnis davon, was von den jeweiligen Teams wann erwartet wird.
Personalplanung & Arbeitsprozesse
Die meisten Vereine befinden sich aktuell in einem absoluten Stillstand. Es herrscht also genug Ruhe, um sich umzusehen, bisherigen Abläufe zu analysieren und zu verbessern. Dafür ist es sinnvoll, zunächst alle notwendigen Aufgabenbereiche aufzulisten, in einem Organigramm miteinander zu verknüpfen und mit konkreten Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu verbinden. Im Anschluss müssen die richtigen Personen für die richtigen Tasks gefunden werden. Auch dafür bietet die aktuelle Situation einen ganz guten Zeitpunkt. Denn viele, die sonst mit mal guten, mal schlechteren Ausreden zu wenig Zeit hatten um mitanzupacken, können jetzt eine kleine Aufgabe übernehmen. Was haben sie denn sonst abends zu tun? Jenga-Marathon? Wenn sich die Welt in ein paar Wochen wieder anfängt zu drehen, wird es dann etwas schwieriger, sich der erworbenen Pflicht wieder zu entledigen. Aber vielleicht haben Eure fleißigen HelferInnen dann auch verstanden, dass Geben genauso viel Laune machen kann wie Nehmen und der Einsatz im Verein gar nicht so sehr weh tut wie gedacht.
Fortbildungen
Die alltägliche Überlastung im Verein lässt wenig Zeit und Ruhe übrig, um sich speziellen Fortbildungsmaßnahmen hinzugeben. Auch sind konventionelle Ausbildungsangebote in der Regel nicht umsonst und nicht jeder Verein öffnet dafür seine Spardose. Tatsächlich gibt es aber unzählige digitale Plattformen, die Euch helfen können, in dieser Zeit des Stillstandes selbst neue Fähigkeiten zu erwerben. Die vielleicht bekannteste davon ist Coursera. Zwar sind praktisch alle Beiträge auf Englisch, dafür aber hochwertig und trotzdem umsonst, da es sich um ein gemeinsames Projekt britischer, US-amerikanischer und kanadischer Universitäten handelt. Sportmarketing, Gesundheit, Teambuilding, Interkulturelle Kommunikation in Vereinen, die Auswahl ist breit. Natürlich gibt es auch noch zahlreiche spezialisierte Plattformen, auch auf Deutsch. Besonders spannend ist hier etwa das Projekt des einstigen Dachverbands-Vorstandes Matthias Liebing die-sportpsychologen.de, wo Ihr (man kann es sich denken) interessante Inhalte zum Thema Sportpsychologie finden werdet. Also, seid nicht faul und macht Euch schlau.
Foto: Martin Flousek / IFF