Nun steht also auch der Schwedische Meister Falun vor dem Bankrott. Wie konnte es soweit kommen? Weshalb sind deutsche Profi-Klubs ebenso bedroht? Und warum werden hingegen deutsche Floorball-Vereine eher glimpflich davonkommen?
Vor knapp zwei Wochen kannte die Freude noch keine Grenzen. Der Schwedische Dachverband hatte die Saison 19/20 nicht wie anderswo annulliert, sondern Meister und Aufsteiger der letzten Tabellenplatzierung nach ernannt. Für Falun bedeutete das nicht nur den größtenteils auch verdienten Titel bei den Herren (Galante, Enström & Co. hatten die Superligan dominiert und lagen 18 Punkte vor Verfolger Storvreta), sondern auch den Aufstieg der Damen in die höchste Spielklasse. Doch während alle feierten, ahnte Geschäftsführer Daniel Lindqvist schon Böses.
Diese Woche veröffentlichte IBF Falun nun eine Pressemitteilung, die es in sich hat. Der Verein könne aktuell eine Fortführung des laufenden Betriebs nicht gewährleisten. Denn neben den ausbleibenden Ticket-Einnahmen aus den Playoffs, müsse man auch den Jalas Floorball Cup sowie die Falun Summer Camps voraussichtlich absagen. Das Resultat sei dann ein Haushaltsloch von etwa 180.000 €. Ein Betrag, den man nicht selbst decken könne. Daniel Lindqvist erklärte, man werde das Personal nun in Kurzarbeit schicken, alle nicht-essentiellen Kosten streichen und hoffe darüberhinaus, über Spenden ausreichend Einnahmen zu sammeln, um den Sommer zu überleben. Auch habe man sich für einen Zuschuss aus dem schwedischen Sport-Rettungsfonds beworben, bei dem der Staat 45 Millionen € verteilt.
Tatsächlich ist es schwer nachzuvollziehen, wie ein derart erfolgreicher Verein, so kurzfristig in eine solche Krise schlittern kann. Schließlich hätte Falun, zugegeben mit viel Pech, nach wenigen Spielen auch aus den Playoffs fliegen können, dann wären die meisten Zuschauereinnahmen sowieso verloren gegangen. Trennt also tatsächlich eine einzige Auflage des eigenen Cups und der Trainingscamps den Verein vom Bankrott? Am Ende wird es eine Konstellation vieler Faktoren sein: Ein zur falschen Zeit straff gezogenes Budget, fehlende Rücklagen und gleich mehrere Einnahmenausfälle.
In Deutschland droht ein ähnliches Schicksal Profi-Klubs in anderen Sportarten. Wer verstehen möchte, warum Basketball oder Handball gerade das große Beben erleben und viele Vereine dort vor dem Kollaps stehen, dem sei der Artikel „Maximal gefährdet“ in der aktuellen Spiegel-Ausgabe empfohlen. Medi Bayreuth beispielsweise, Mittelfeld der Basketball-Bundesliga, 4,8 Millionen € Etat, satte 70 % davon Personalkosten. 90 % der 200 Sponsoren kommen aus Bayreuth oder Umgebung, viele davon sind Kleinstunterstützer und deshalb selbst existenziell bedroht. Geisterspiele sind hier kaum eine Option, denn größer Bestandteil der Einnahmen sind Tickets, pro Spiel kommen 80.000 bis 100.000 € zusammen.
Nur wenig anders kalkuliert selbst der „reichste“ deutsche Handball-Verein THW Kiel. In der Vorsaison habe man 13,4 Millionen € umgesetzt, 40 % davon durch Tickets. Auf 7 Millionen € belaufen sich dort die Personalkosten. Und da jeder Bundesligist jährlich 200.000 € an Fernseheinnahmen kassiert, was gerade mal 2 % des Etats entspricht, richten Geisterspiele auch hier eher mehr Schaden als Nutzen an. Nur zum Vergleich, der SC Paderborn kassiert mit 26,1 Millionen € (130-mal soviel wie der THW Kiel) am Wenigsten von allen Fußball-Bundesligisten, Bayern München hingegen liegt mit 67,9 Millionen € an vorderste Stelle der TV-Gelder-Rangliste. Verständlich, dass übertragene Geisterspiele dort (zumindest wirtschaftlich) mehr Sinn ergeben.
Deutsche Floorball-Vereinen schützt das, was sie sonst am Meisten nervt – die öffentliche Bedeutungslosigkeit einer Randsportart. Oder freundlicher ausgedrückt, ihr Amateurismus. Denn weder Spieler- noch Personalgehälter und auch keine (oder nur sehr wenige) Hallen- und Infrastrukturkosten müssen aufgebracht werden. Stillstand bei vielen Einnahmen geht im deutschen Floorball auch mit einem Stillstand bei fast genauso vielen Ausgaben einher. Und bei den wenigen Vereinen, bei denen es durch eine Mehrspartenstruktur anders ist, liegt das Schicksal meist in den eigenen Händen – in Form von Mitgliederbeiträgen.
Anders als Profi-Klubs im Basketball oder Handball sind selbst die größten deutschen Floorball-Vereine keine GmbHs oder KGs, sondern eher sparsam wirtschaftende gemeinnützige Vereine. Hinzu kommt, dass sich die Budget-Struktur, selbst unter Teams in derselben Liga, massiv unterscheidet. Der eine Vereine investiert zwei Drittel seines Etats in Busfahrten, der andere finanziert damit eine Wohnung für Verstärkungsspieler. Wieder ein anderer Klub ist eine Abteilung eines Großvereins mit tausenden von Mitgliedern, der nächste eine kleine und deshalb aber auch flexible Organisation für sich. Gewiss wird auch hier finanzieller Mangel entstehen, wird auch hier Solidarität der eigenen Mitglieder erforderlich sein. An den Abgrund dürften aber nur jene Vereine geraten, die sich entweder zu weit aus dem Fenster gelehnt haben oder deren Mitglieder das Weite suchen.
Foto: Juha Käenmäki, IFF