Etwa ein Viertel der in Deutschland lizensierten Floorball-Aktiven sind Frauen und Mädchen. In der Berichterstattung, auch jener des Floorballmags, findet ihre Kategorie aber kaum statt. Zum Teil sicher aus Bequemlichkeit der Berichtenden, aber überwiegend wegen fehlender Eigeninitiative.
Lange hat es gedauert bis sich endlich jemand beschwerte. Eine Leserin bzw. Hörerin des Floorballmags hatte Ende vergangener Woche bemängelt, dass „Frau meinen könnte“, dieser Sport betreffe und werde nur ausgeübt von einem Geschlecht. Und wenn man sich den Verlauf unserer Meldungen und Berichte und Podcasts ansieht, kann man nichts anderes tun, als dieser jungen Frau zuzustimmen.
So erscheint es, dass auch das Floorballmag von dieser ätzenden Schiene nicht loskommt, auf der sich fast alle anderen Sportmedien befinden: Natürlich betreiben auch Frauen unseren Sport, was wir ja alle toll finden, und wenn es nicht anders geht, hauen wir auch mal eine Meldung raus. Aber mal im Ernst, wirklich interessant sind doch sowieso nur die Kerle. Da kommen Klicks. Die Leserschaft ist größer, also warum sollte man dieselbe Zeit in Inhalte investieren, die nur von einem Bruchteil gelesen werden. Pure Ökonomie. So ist das nunmal.
Mit Nichten.
Mit Sicherheit machen wir es uns auch im Floorballmag ab und zu etwas zu einfach. Mittlerweile aus Gewöhnung. Hat man wenig Zeit und möchte zügig neue Inhalte liefern, geht es nunmal deutlich schneller, Artikel über die Herren-Kategorie zu verfassen. Einerseits sind alle unregelmäßigen und regelmäßigen Mitarbeiter immer noch männlich, was eine andere persönliche Nähe zu den betroffenen Akteuren bedingt. Andererseits, stehen öffentlich deutlich mehr Informationen zum Herren-Spielbetrieb zur Verfügung.
Somit ließe sich argumentieren, dass auch das Floorballmag nunmal eben von Zeit zu Zeit die ein paar Schritte weiter gehen müsse – für den Sport, für die Gesellschaft. Doch dann würden wir das Thema nur an der einen Seiten anpacken, meiner Meinung nach, im jetzigen Augenblick, an der falschen. Denn tatsächlich haben wir nicht nur in den vergangenen Jahren, sondern auch in den vergangenen Monaten, ja sogar Wochen und Tagen immer und immer wiederholt um Zuarbeit und Teilnahme gebeten.
Wir hatten mehrfach nach RedakteurInnen gerufen, per Posts und Mails, die über Damen-Floorball oder den Sport allgemein schreiben möchten. Leider ohne eine einzige Rückmeldung. Wir hatten Vereine und Teams angeschrieben und gebeten, uns über deren Alltag zu erzählen, über Entwicklungen, Probleme, ja sogar über Themen, die wir gar nicht auf dem Schirm haben. Tatsächlich meldete sich ein einziger Damen-Bundesligist zurück, in Vertretung seines männlichen Teamchefs. Dass es kein einziges weibliches Team gibt, das uns zumindest unregelmäßig mit Pressemeldungen versorgen würde, muss ich wohl gar nicht erst erwähnen.
Man könnte deswegen also wiederum den Eindruck gewinnen, Frauen und Frauenteams wollten nicht wirklich eine Rolle in der öffentlichen Kommunikation unserer Sportart spielen – vielleicht aus Bequemlichkeit, vielleicht zwecks anderer Prioritäten?
Und wieder. Mit Nichten.
Netzwerke und Machtstrukturen in der gesamten Sportindustrie sind bis heute größtenteils patriarchisch aufgebaut und ihre Akteure widersetzen sich bewusst und unbewusst einem aktiven Wandel. Frauensport wird deshalb bis heute, über fast alle Disziplinen hinweg, systematisch benachteiligt. Sportlerinnen werden von kleinauf deutlich weniger unterstützt, es fehlen Geschichten, Identifikationsfiguren und deswegen oft auch Ambitionen. Eine von vielen Folgen sind beispielsweise Unsicherheiten, die zum Zweifel an der eigenen Relevanz führen, zur Passivität und zur Stille. Es entsteht ein Spirale, eine Art selbsterfüllende Prophezeiung.
Doch seid Euch sicher, wir wollen es anders. Wir wollen auch Eure Geschichten erzählen. Und nicht der Höflichkeit oder der Quote wegen. Sondern weil sie interessieren, weil sie uneingeschränkt und zweifellos ebenbürtig zur männlichen Kategorie sind. Und weil Floorball besser sein will und besser sein muss. Aber wir brauchen Eure Hilfe.
Denn leider führt an Eigeninitiative kein Weg vorbei. Wer denkt, dass es doch nicht zu viel verlangt ist, die Damen-Kategorie zumindest bei Alltagsmeldungen gleichmäßig wie die der Herren zu betreuen, die oder der irrt. Um ehrlich zu sein, sie ist noch anspruchsvoller – denn erstens werden seitens der Vereine grundlegende Informationen gar nicht erst veröffentlicht, zweitens bewegen sich unsere aktuellen Schreiberlinge nicht aktiv in der Szene – was man von freiwilligen Ehrenamtlern auch nicht noch zusätzlich verlangen kann. Schlussendlich soll es nicht nur um abgeschriebene Statistiken gehen, sondern auch um erfahrungsbedingte Berichte und Meinungen, um Interpretationen von Missständen und um Anreize und um Ideen.
Warum sollte und warum muss aber ein Kerl darüber schreiben?
Ich habe in meinem Leben einige Damenteams trainiert, manche mit mehr, manche mit wenigen Ambitionen, habe vor vielen Jahren jenes in Berlin mitaufgebaut, später die U19-Nationalmannschaft betreut, mit Schweizer KollegInnen hatten wir die Plattform ladystrike.com gestartet (die vor Kurzem mangels Engagement eingestellt wurde) und bei allen von mir mitorganisierten Events war ich bemüht – so sehr ich konnte – darauf zu achten, dass es keine Unterschiede in der Wertschätzung weiblicher und männlicher Aktiver gab. Alle diese Dinge kamen natürlich und waren irgendwie selbstverständlich – auch wenn mir regelmäßig der eine oder andere Fehltritt gelang, aus dem ich dann eben lernen musste.
Übrigens behaupte ich nicht, die beschriebene Passivität der Damen sei deutlich ausgeprägter als jene der Herren. Denn das deutsche Floorball-Volk lässt sich generell und über alle Identitäten hinweg gerne bedienen. Viele denken, dass das Spielen alleine schon ein Beitrag ist und andere in der Pflicht stehen, den Rest zu erledigen. Wer selbst bemüht ist, Dinge ernsthaft voranzubringen, weiß, wie mickrig der Anteil jener ist, die außerhalb des Spielfeldes wirklich Zeit und Ideen investieren. Der Unterschied liegt eher in der absoluten Zahl – der mickrige Anteil der Herren ist nunmal größer als der mickrige Anteil der Damen.
Die Person, die sich über unsere monotone Sicht zurecht beklagte, glaube ich recht gut zu kennen. Unabhängig von ihrem enormen spielerischen Talent, ist sie eine der Wenigen, die jenen Drive mitbringen, der das Damen-Floorball antreibt – was im Übrigen auch dadurch bewiesen wurde, dass sie nach Monaten die erste war, die sich zu diesem Thema zu Wort gemeldet hatte. Tatsächlich gibt es von solchen Frauen viele – ich arbeite mit mehreren regelmäßig zusammen – zwar vermutlich noch nicht genug, bald aber vielleicht noch mehr. Wenn wir die richtigen Geschichten erzählen.
Also, wer möchte anfangen?
Wer interessiert ist, das Floorballmag mit Beiträgen über Damen-Floorball oder darüberhinaus zu unterstützen, darf uns gerne über info@floorballmag.com kontaktieren.