Nach einer gefühlten Ewigkeit wird die Bundesliga in der kommenden Saison wieder Leipziger Derbys erleben dürfen. Während der Noch-Meister MFBC Leipzig im Leistungsbereich klar den Ton angibt, legt der SC DHfK wiederum ordentlich im Nachwuchs vor. Die Stadt hat mehr Floorball-Begeisterung auch dringend nötig.
Während dem MFBC eine Titelverteidigung in diesem Frühling verwehrt blieb, durfte man beim SC DHfK trotz Corona feiern. Durch die Erweiterung der 1. Bundesliga auf zwölf Teams wurden die Grün-Weißen als Tabellenerster der Süd-Ost-Staffel auch ohne Endspiele als Aufsteiger festgelegt. Und da Schenefeld dasselbe Schicksal ereilte, darf sich die Bundesliga gleich auf zwei spannende Stadt-Derbys freuen.
Für Christian Sieber, Sportdirektor des MFBC, berge dies zunächst viele Vorteile. Zuschauerresonanz, neue Begeisterung der Fanlager und spannende Spiele. Dabei müsse man auch den Aufmerksamkeitsgrad sehen, der sich durch die Vertretung zweier Leipziger Floorballvereine in der höchsten deutschen Spielklasse positiv in Medien und Öffentlichkeit auswirken kann. Das könne dann auch zu anderen positiven Entwicklungen führen, etwa im Sponsoring.
Gleichzeitig warnt Sieber aber auch, dass der Sport ist immer noch, trotz einer arbeitsintensiven und guten Entwicklung, eine Randsportart sei. „Beide Vereine in Leipzig müssen darüber nachdenken, welcher Weg der bessere ist. Also ob eine Zusammenarbeit den Floorballsport in der Stadt und der Region qualitativ und quantitativ erfolgversprechender voranbringt und der Aufmerksamkeitsgrad und damit schlussfolgernd das Interesse von Unternehmen und Medien gesteigert werden kann.“
Strukturell unterscheiden sich beide Vereine jedoch erheblich. Während der MFBC ein Zusammenschluss der Vereine SV Grimma 1919, Judokan Schkeuditz 2000 und SSC Leipzig ist, entwickeln die Floorballer des SC DHfK ihre Sportart in einer Abteilung des SC DHfK e.V., ein Großverein mit knapp 6.700 Mitgliedern. Trotz gemeinsamer Vergangenheit gibt es aktuell aber kaum noch Berührungspunkte.
„Wir kennen den MFBC eigentlich auch nur aus der externen Wahrnehmung heraus“, erzählt Tino Scholz, Abteilungsvorstand der SC DHfK. Er sei sowohl im Herren-, als auch im Damenbereich das sportliche Maß der Dinge. Dort wolle man hin. „Obwohl der Weg dahin wahrscheinlich ein etwas anderer sein wird, als bei unseren Lokalrivalen. Die DNA unseres Vereins ist geprägt vom Breitensport und unsere Abteilung wird sehr von der Nachwuchsarbeit bestimmt. Wir werden auf absehbare Zeit unsere Herrenmannschaft größtenteils immer aus den eigenen Nachwuchsmannschaften rekrutieren und, wenn überhaupt, nur mit einzelnen externen Transfer verstärken.
Tatsächlich können die Grün-Weißen aktuell deutlich mehr Erfolge im Nachwuchs vorzuweisen als der MFBC. Am Bedeutendsten erscheint die Deutsche Meisterschaft im U17-Bereich 2019. Einige jener Talente dürften nun langsam in der Bundesliga aufschlagen. Der MFBC profitierte hingegen deutlich mehr von Zugängen, viele deutsche Leistungsträger wie Schuschwary oder Bothe, ebenso wie ausländische, etwa Granlund und Pousi, verstärkten das erste Team von außerhalb. Mit sportlichem Erfolg.
Dass man in der eigenen Ausbildung nachlegen muss, weiß Sportdirektor Sieber aber gut genug. Und der Verein hat reagiert. „Wir haben Anfang des letzten Jahres ein einheitliches Ausbildungskonzept auf den Weg gebracht“, erklärt der ehemalige Nationalspieler, „damit wir eine anschlussfähige und effektive Ausbildung beim Durchlaufen der verschiedenen Altersklassen schaffen.“
Darin fest verankert sei auch die interne und einheitliche Ausbildung der eigenen Trainer. „Unter anderem hospitieren wir, wie auch vor der schriftlichen Verfassung des Konzeptes, unsere Trainingsgruppen und deren Trainer oder führen eigene Seminare mit Theorie- und Praxiseinheiten durch. Das soll und muss in Zukunft immer wieder auf der Agenda stehen. Mitentscheidend ist zudem die Philosophie dahinter, denn für uns steht ganz klar der langfristige Leistungsaufbau vor kurzfristigen Erfolgen“, beschreibt Sieber.
Den SC DHfK erwarten wiederum Herausforderungen an der Spitze. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft, das Durchschnittsalter ist im Vorjahresvergleich nochmals um knapp zwei Jahre gesunken“, beschreibt Scholz das Team unter Spielertrainer Lucas Frommhold, selbst gerade mal Jahrgang 1997.
„Das wird sicher eine enorme Herausforderung werden. Wir sind aber zuversichtlich, dass unsere gute Nachwuchsarbeit und die damit verbundene Hoffnung, die nächsten Jahre von einer breiten Basis zehren zu können, unsere Perspektive verbessert, dauerhaft im Oberhaus erfolgreich sein zu können. Mittelfristig haben wir das Ziel, immer mal wieder Gast bei den Play-Offs zu sein. Langfristig, so in sechs, sieben Jahren, muss es das Ziel sein, um nationale Titel mitspielen zu können“, sagt Scholz.
Der öffentlichen Wahrnehmung der Sportart in der Messestand würden zwei Topteams sicher nicht schaden. „Ich denke, aus sportlicher Sicht hat Floorball einen guten Sprung nach vorne gemacht,“ erklärt Sieber. „Das haben die Erfolge des Sportclubs im Nachwuchs und unsere im Damen- und Herrenbereich aufzeigt. Außerdem sind beide Vereine bereits an vielen Schulen, gerade im Grundschulbereich, vertreten, woraus sie ihren Nachwuchs ziehen. Die Sportart wird, gerade unter den jungen Leuten, immer bekannter, doch die Etablierung und Aufmerksamkeit in der Gesellschaft ist noch viel zu langsam und zu schwach.“
Das sieht Scholz ähnlich. „Es ist uns bisher nicht gelungen, den Floorballsport an sich noch mehr in den Fokus des Interesses zu stellen. Die Zuschauerzahlen bei Heimspielen sind ordentlich, beschränken sich aber auf Vereinsmitglieder und einen kleinen Kreis an Verwanden und Bekannten. Unsere Präsenz an den Schulen ist bestenfalls okay.“ Leipzig, als Großstadt und als traditionelle Sportstadt, mache es einem aber auch richtig schwer. Die Konkurrenz sei mit Fußball, Handball und Eishockey massiv. „Streng betrachtet“, meint Scholz, „würde ich sogar behaupten, dass der Leipziger Floorball in den letzten Jahren an medialer Aufmerksamkeit verloren hat. Hier müssen wir dringend wieder Gas geben.“
Fotos: SCDHfK Leipzig, MFBC Leipzig