Genau eine Woche ist es her, dass Remo Hubacher die deutsche Herren-Nationalmannschaft von seinem Rücktritt als Bundestrainer informierte. Auch Teamchef Stefan Erkelenz trat zurück. Während die ehemalige Teamleitung ihre Beweggründe erklärte, hält sich der Verband bedeckt und sucht nach Ersatz.
„Ich habe ständig großes Verständnis dafür aufgebracht, dass aufgrund von Corona viele Punkte schwierig zu planen sind oder auch Bearbeitungsprozesse länger dauern“, erklärte Hubacher dem Floorballmag kurz nach seiner Entscheidung. Allerdings seien einige Punkte auch dadurch nicht zu erklären. Das aktuellste Beispiel sei das in Kürze stattfindende Trainingslager in Berlin. Trotz mehrfachen Nachfragens habe man keine Freigabe der Kalkulation und des Einladungsschreibens erhalten. Solche Umstände hätten zu einem sehr unangenehmen Gefühl gegenüber den Spielern geführt.
„Des Weiteren habe ich vor ziemlich genau einem Jahr über Punkte mit dem Vorstand gesprochen, um das Amt als Bundestrainer weiter auszuführen“, fügt Hubacher hinzu. „Von diesen Punkten haben sich leider viele verschlechtert. Beispielsweise der aktuell geplante Selbstkostenbeitrag der Spieler für WM und Trainingslager ist meines Erachtens nicht erklärbar. Im Juni gestellte Fragen dazu sind bis heute unbeantwortet.“
Sind die Erwartungen der ehemaligen Teamleitung vielleicht zu hoch gesteckt? Oder hätte man die Sache nicht im Interesse der Spieler zumindest noch irgendwie über die Runden bringen können? „Das sind Strukturen die einfach nicht funktionieren“, erklärt Stefan Erkelenz. „Schlußendlich läuft es immer auf das liebe Geld hinaus. Wenn man die Ergebnisse der Jahre seit 2012 sieht, dann fahren Spieler und Staff hier deutlich über dem, was mit den Mitteln machbar ist, zumindest im Vergleich zu anderen Nationen.“
Er sei eigentlich kein Typ, der hinwirft, sagt Erkelenz. „Und für die Spieler, egal auf welcher Ebene, Verein oder Nationalteam, bin ich bereit alles zu tun, damit erfolgreich gearbeitet werden kann. Wir alle machen das in unserer Freizeit. Der Staff, die Spieler und im Übrigen auch der Vorstand.“ Jedoch sei sein Ziel immer gewesen, Kampagnen so zu gestalten, dass eine Mischung entstand, aus optimaler Vorbereitung und möglichst geringer Belastung für die Spieler. „Dies kann man aktuell aber so nicht umsetzen und da bekomme ich persönlich Bauchschmerzen, weil es mir leid tut für die Spieler.“
Hoffentlich werde der neue Verantwortliche für Nationalmannschaften bald gefunden, meint Erkelenz. Diese Person müsse dringend die nötige Erfahrung und Kompetenz mitbringen, um auf diesem Feld die nächsten Schritte einzuleiten. Aktuell mache Erkelenz das Arbeiten im Hintergrund so einfach nur noch wenig Freude.
Dass der Verband mit der Situation überlastet zu sein scheint, sieht man auch an dessen Kommunikation. Ein kurzer Post am vergangenen Samstag. Danach Stille. Schriftliche Fragen des Floorballmags hatte man im Laufe der Woche beantworten wollen, was bislang aber nicht geschah. Vermutlich werden weitere Informationen erst zusammen mit den Namen der neuen Teamleitung veröffentlicht.
Aufgrund der Kürze der Zeit läuft vieles auf die bisherigen Assistenztrainer hinaus, Atte Ronkanen und Johan Nilsson. Vielleicht gemeinsam, vielleicht einzeln. An ausreichender Kompetenz mangelt es nicht. Hubacher und Erkelenz hatten ihnen zumindest schon sämtliche Unterlagen weitergegeben. Es ist außerdem nicht unwahrscheinlich, dass der neue Bundestrainer auch als Sportdirektor funktionieren könnte. Die Stelle ist schon lange ausgeschrieben. Zwei Fliegen, eine Klappe. Ein solcher Schritt würde viele Prozesse vereinfachen, die aktuell nicht zu funktionieren scheinen.
Das vermeintliche Glück der Nationalmannschaft könnt sein, dass die Erwartungen der kommenden Weltmeisterschaft in Helsinki nicht niedriger sein können. Weniger wegen der mäßigen Quali, eher weil der Großteil der Konkurrenz deutlich früher den regulären Trainingsbetrieb wiederaufnehmen konnte. Hinzu kommt, dass das Endturnier unter seltsamen Bedingungen stattfinden wird. Vielleicht ohne Zuschauer, vielleicht im Mini-Modus. Wenn es denn überhaupt stattfindet.