Mit Martin Brückner verpflichtet Floorball Deutschland einen Wunschkandidaten als neuen Bundestrainer. Das fachliche Ansehen des ehemaligen Nationalspielers und mehrfachen Deutschen Meisters in der Szene ist hoch. Ebenso aber die Herausforderungen seines neuen Amtes.
Generell habe er schon länger den Traum gehabt, eines Tages eine Nationalmannschaft zu trainieren, erzählt Martin Brückner. „Mir ist aber bewusst, dass schon sehr viel passen muss, wenn ich eine solche Position übernehmen möchte. Ich schätze nun meine private Situation so ein, dass es passt.“
Vergangene Saison stand der 35-Jährige noch mit dem Schläger auf dem Platz, wenige Monate später ist er Bundestrainer. Wer „Brunos“ Lebensweg kennt, der weiß, keinen Monat zu früh. Der einstige Nationalspieler hatte schon zu aktiven Zeiten den UHC als Trainer und Spielertrainer zu Titeln geführt, war als solcher auch im Mutterland von Floorball, in Schweden erfolgreich unterwegs. Brückner versteht das Spiel wie kaum ein anderer, hat theoretische aber auch praktische Kompetenz und, vor allem, kennt die oft ungelenken Realitäten der deutschen Szene.
Die Gespräche mit dem Dachverband und insbesondere Sportchef Atte Ronkanen seien dennoch sehr positiv verlaufen, auch die mit dem bereits bestehenden Trainerstab. „Ich sehe in der Situation eine Chance, eine spannende Entwicklung mitzubegleiten“, sagt Brückner und holt danach weiter aus. Der Weißenfelser gehörte schon immer zu den Mahnern einer umsichtigen Entwicklungsarbeit, insbesondere auf sportlicher Ebene. Was sind also die großen Herausforderungen für ihn, jetzt in der Rolle als Bundestrainer?
Es sei wichtig, die Nationalmannschaft nicht als alleinstehendes Team zu sehen und nur auf ein möglichst gutes Abschneiden bei der kommenden WM zu schauen, sagt Brückner. Viel mehr müsse man sie als Teil des Verbandes betrachten und gemeinsam eine längerfristige Entwicklung einleiten. „Dazu bedarf es struktureller Arbeit. Wir müssen neben finanziellen Aspekten klären, wie wir in Zukunft Spieler effektiv scouten wollen. Wir müssen überlegen, wie wir das Floorball-Niveau in Deutschland generell auf eine höhere und professionellere Stufe heben können. Wir müssen überlegen, wie die Trainerausbildung in Deutschland aussehen soll, und so weiter.“
Das ist natürlich nicht alles Aufgabe der Nationaltrainer, das weiß auch Brückner. Aber je besser die sportliche Struktur aufgebaut sei, desto besser werde die Nationalmannschaft. Deshalb könne man die Arbeit nicht vollkommen trennen. Natürlich seien die kurzfristigen Ziele und die reine Trainerarbeit auch wichtig. Aber man dürfe eben nicht von Event zu Event schauen.
Die kommende Weltmeisterschaft finden nun 2021 statt. Geplant war sie eigentlich schon für 2020 gewesen. Dann kam Corona. Im Sommer trat der Trainerstab um Remo Hubacher, Stefan Erkelenz und Johan Nilsson zurück, die Zusammenarbeit mit dem Dachverband habe nicht gestimmt. Atte Ronkanen übernahm. Bis zur WM-Absage im September. Jetzt ist er Sportdirektor und Brückner neuer Bundestrainer.
Im Mittelpunkt werden nach diesen turbulenten Monaten deshalb auch Kontinuität und Ruhe stehen. Nichts wünscht sich das Team um Kapitän Tim Böttcher mehr. Mitte November steht in Naumburg der erste gemeinsame Lehrgang an. Dort werde man noch einmal viele Spieler dabeihaben, kündigt Brückner an. Er wolle daraus aber keinen Sichtungslehrgang machen, deshalb sollen bereits auch spielerische Schwerpunkte gesetzt werden. Denn die Auswahl muss endlich wieder nachhaltig zusammenwachsen.
„Ganz generell erhoffe ich mir, dass wir eine starke Mannschaft weiterentwickeln können, der man ansieht, dass sie es genießt gemeinsam auf dem Feld zu stehen. Die hoffentlich auch in Deutschland möglichst viele Leute mitreißen kann“, wünscht sich Brückner. Dafür müsse man auch ein hohes Maß an Kommunikation leben. Mit den Spielern, aber natürlich auch mit den Vereinen und den Verbänden. „Wir müssen dabei aber auch immer schauen, wie intensiv das ehrenamtlich möglich ist.“
Tatsächlich ist der sportliche Anspruch kein einfacher. Aktuell steht Deutschland in der Weltrangliste auf Platz fünf, besser als je zuvor. Die Top4 scheinen immer noch unangreifbar, der Druck von hinten wächst. Bei der vergangenen WM-Quali hinkte Deutschland den Verfolgern schon hinterher. „Es ist natürlich wichtig, diese Position zu halten. Wir wissen aber, dass es hinter uns sehr gute Verbände, wie die Letten gibt“, bestätigt Brückner, behauptet aber zeitgleich mutig: „Langfristig muss es das Ziel sein, auch die Top4 anzugreifen.“