Die Damen-WM hatte Deutschland auf einem starken siebten Platz abgeschlossen. Bundestrainer Simon Brechbühler aber weiß, dass ein Teil der direkten Konkurrenz enteilt ist. Die Deutsche Auswahl müsse jetzt einen Gang zulegen.
Floorballmag: Simon, die WM ist jetzt schon ein paar Tage her. Mit etwas Abstand bewertet sie sich sich etwas leichter. Wie zufrieden bist du mit dem Auftritt der deutschen Damen?
Simon Brechbühler: Wir wussten vor Beginn der WM, dass es Rang sieben und besser sein muss, wenn wir die Top 8 halten wollen. Das war unser grosses Ziel und ist uns geglückt. Das Team hat in der Vorbereitung intensiv an sich gearbeitet und konnte in den entscheidenden Momenten die Leistung abrufen. Das zählt am Schluss.
Den siebten Platz eroberte das deutsche Team mit einem 4:3-Erfolg gegen Lettland. Ein mehr als solider Abschluss. Die Baltinnen spielten ein durchwachsenes Turnier, waren zu dem Zeitpunkt aber noch die Nummer 5 der Welt. Ein historischer Erfolg?
Bei den Lettinnen stand nach der letzten WM der große Umbruch an. Ob dieser Erfolg historisch ist, liegt nicht an mir zu beurteilen. Nach der klaren Niederlage am 6 Nation Cup wussten wir, dass Lettland schlagbar ist und dass wir ihre Offensive in den Griff kriegen können. Fakt ist, es ist lange her, dass Deutschland gegen Lettland bei den Damen zuletzt gewann.
Andererseits muss man zugeben, dass sich die Kluft zur direkten Konkurrenz Polen und Slowakei scheinbar vergrößert hat. Deutschland unterlag beide Male verdient und deutlich. Was haben diese Länder in den letzten Jahren besser gemacht?
Bei beiden Teams konnten wir durch eine disziplinierte Leistung lange Zeit bis auf zwei Tore Differenz mithalten. Das Frauen-Floorball hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht und Polen und die Slowakei haben grössere Schritte gemacht als wir oder andere Nationen. Ich pflege einen guten Kontakt zu den beiden Teams und man muss neidlos zugestehen, die können im Moment auf einem höheren und intensiveren Niveau trainieren als wir.
Insbesondere hinsichtlich Dynamik und Technik schienen die deutschen Damen hinterherzulaufen. Sind das Themen, die in den Vereinen vernachlässigt werden?
Das sind exakt die Punkte die fehlen. Dynamik würde ich mit Agilität konkretisieren. Wir wussten nach der der letzten WM, dass wir fitter werden müssen. Das ist uns gelungen. Der nächste Schritt muss sein, dass die Spielerinnen „bessere Entscheidungen“ treffen und ihre Skills entwickeln. Dies kann nur im täglichen Training passieren und da wollen wir einen Schritt auf die Vereine zumachen. Da müssen wir als Deutschland zusammen den nächsten Schritt machen. Einfach wird das aber nicht.
Du hast an der WM dein 100. Spiel für Deutschland gecoacht. Vor wenigen Tagen veröffentlichte der Dachverband die Information, dass du deinen Vertrag verlängert hast. Was treibt dich an? Und hättest du den Vertrag verlängert, wenn ihr gegen Lettland verloren hättet?
Wenn du mit einem solchen Team arbeiten darfst, dann erübrigt sich die Frage, was mich antreibt. So viel Feuer und Leidenschaft im Team und Staff, das ist unglaublich. Wir haben bereits vor der WM viele Gespräche geführt und festgestellt, dass wir die gleichen Visionen und Ziele fürs Floorball haben. Demnach stand einer Verlängerung nichts im Weg. Wir konnten uns die letzten Jahre stets weiterentwickeln und wir sind überzeugt, dass wir auch für die nächste WM gemeinsam mit Team und Staff die entscheidenden Schritte gehen können.
Wie bewertest du die Entwicklung des internationalen Damen-Floorball aus direkter Nähe?
Die Resultate waren krass. Tschechien und Finnland ist der Umbruch geglückt, beide konnten deutlich zulegen. Bei der Schweiz steht er vermutlich jetzt an. Mal schauen wie sie damit umgehen. Die Top 4 ist dem Rest der Teams aktuell sicher enteilt. Dahinter ist es enorm eng. Polen und Slowakei sind in der Poleposition, Lettland, Norwegen und Dänemark sind mit uns auf Augenhöhe. Dahinter holen die asiatischen Länder massiv auf. Wir müssen dran bleiben, wenn nicht zulegen.
Weit nach vorne geblickt, was sollte das Ziel in der kommenden Kampagne für 2022 sein? Worauf wird man sich dafür konzentrieren müssen?
Der erste Schritt wird sein, dass wir die Anzahl an Camps bereits ab 2020 deutlich erhöhen werden. Durch die Förderung, sollte dies nun endlich finanziell tragbar Sein, für Verband und Aktive. Weiter müssen die Spielerinnen besser und mehr trainieren können. Dies werden wir gemeinsam mit den Vereinen angehen. Die Spielerinnen sollen umfassender betreut werden können, damit wir individualtechnischE und -taktische Fortschritte sehen können.
Fotos: Fabrice Duc, www.fabriceduc.ch, Michael Peter/IFF